Köln-Ironman – aus dem Nähkästchen

 

Nicht dieses Jahr wie im Bericht von Jens, sondern 1985 als 2. Versuch in diesem Jahr des Herrn. Ein paar Wochen vorher hatte ich den 1. Versuch in Almere gestartet, schon damals ein Klassiker, war mit Familie und Zelt hingefahren. Auf dem Campingplatz lernten wir auch Hannes Blaschke (den Hannes von Hawai-Tours) mit seinen Freunden Felix und Co. kennen, der nicht anders konnte, solange noch Radfahrer vor ihm waren, alles dran zu setzen, diese einzuholen. Bei diesem ungestümen Vorwärtsdrang hatte er nach dem Schwimmen viel zu tun, war nach 90km fix und fertig und gab auf. Anschließend wollte er in USA den härtesten Triathlon machen, den es gibt, und anschließend nach Hawai, wo er den 4. Platz errang, lange bester Deutscher bis 97, dem deutschen Jubeljahr. In Almere war der Start wegen eines Gewitters um 1 Stunde verschoben worden, dann die Schwimmstrecke wegen des Zeitablaufs fürs Fernsehen auf 2,4 verkürzt worden, also kein richtiger Ironman. Dann hatte ich 4 Platten auf der splittigen Radstrecke (woher die Schläuche, hatte nur 2 dabei?), dann zu schnell zum Laufen gestartet, um irgendwas aufzuholen, wegen knallharter Oberschenkel gegangen zusammen mit meinem Freund Prof. Reinhard Wodik (alte Triathleten kennen ihn noch  als wissenschaftlichen Referenten und Dopingkontrolleur, so was gab es schon damals!), und ihn am Schluß noch abgehängt. Jetzt sollte es besser gehen!

 

Vom Vorjahr war Köln aufgrund der sensationslüsternen Fernsehberichte berüchtigt, wo reihenweise die unterkühlten Athleten bei 14 Grad Wassertemperatur aus dem Wasser gefischt wurden. Neopren war noch nicht üblich, erst ab 95. Am Vorabend lernten Christa und ich Tomas Klimecky (kurz bei uns im Verein und Produzent von Radnaben und Laufradsätzen, ich habe noch mehrere von ihm, sonst ein kauziger Erfinder mit vielen Patenten) kennen, der zwar zuerst auf Lang gemeldet hatte, dann aber lieber auf Mittel ummeldete und ein beachtliches Ergebnis errang. Dieses Jahr war es 16 Grad. Ich zog einen Surfshorty an und darüber meinen Surfanzug. So kam ich nicht unterkühlt teils brustschwimmend, teils kraulend nach 1.38 aus dem Wasser.

Die Radstrecke war auch ein paar Runden, wohl 4, gegen und mit dem Wind, eher 190km, sodaß ich 6 Stunden brauchte, nur 24 min langsamer (was wären das heute für Zeiten?) als der beste Radfahrer, der damalige deutsche Meister, der gewann. Beim Laufen gesellte sich bald der Kölner Dr. Alexander Stojadinovicz (oder so ähnlich) – man kennt sich von Triathlon und 100km-Lauf -; vorher Zuschauer, als Begleitläufer zu mir. Ich hatte knallharte Bein, er animierte mich zum Dehnen, und dann konnte ich rennen. Am Rhein bot er mir Windschatten. Trotzdem wurden wir von einem Holländer überholt. Am vorletzten Verpflegungsstand lief ich vorbei, weil ich dachte, Nahrung kommt sowieso nicht mehr an, ein fataler Fehler, und überholte dabei 2 Läufer. Bald jedoch wurde ich so schwach, dass ich nur noch gehen konnte, und die Zwei locker an mir vorbei liefen, ich konnte nichts machen, und sich weit entfernten. So lernte ich zum 1. Mal einen Hungerast kennen. Am letzten Stand ca. 5km vor dem Ziel aß und trank ich und versuchte wieder zu laufen. Dabei spürte ich, wie die Kräfte von unten nach oben stiegen, und wurde immer schneller. Meine beiden Kontrahenten sah ich einen halben km vor mir laufen und verlor sie in der Buschparklandschaft aus den Augen. Etwa einen halben km vor dem Ziel sah ich sie wieder 100m vor mir langsam laufen. 30m vor dem Ziel war ich kurz hinter ihnen, wollte zu Überholen ansetzen, da rief eine Frau „Achtung, da kommt einer!“ Ich sehe noch ihren erschreckten Blick in meinem inneren Auge, und sie spurteten noch mal, so daß ich sie nicht mehr kriegen konnte. Das Ziel war nicht in Köln, sondern am Fühlinger See, natürlich nur interne Zuschauer.

 

Der Zuruf kostete mich 2 Plätze. So wurde ich 12. von 80 bis 90 Finishern. Den Holländer hätte ich ohne den Hungerast auch noch gekriegt, er war nicht weit vor uns. Bis zum 15. gab es 100 DM Preisgeld, für mich zum 1. und letzten Mal, eine Veranstaltung von Günter Kißler, dem Begründer einer der 1. beiden Triathlonverbände, die 95 ihr Kriegsbeil begruben und sich zur DTU vereinigten. Christa verdiente übrigens 1 Jahr später als 2. unter 4 Frauen auch bei einer Günter Kißler-Veranstaltung im Westerwal 100 DM Preisgeld. (Damals nahm auch meine Schwester teil. Wegen des kalten Wassers lieh ich ihr meinen Surfanzug, der ihr natürlich viel zu groß war. Das Drama spielte sich so ab: Während alle davon schwammen, kam sie wegen einer Riesenluftlase unter der Jacke kein Stück vorwärts und wurde vom DLRG aus dem Wasser geholt.) Ich war zufrieden, denn ich hatte einige vorher stärkere Konkurrenten geschlagen wie Klaus Stutzer, der heute einer der stärksten Deutschen in der AK60 ist. Am letzten Samstag war ich bei einem von ihm privat veranstalteten Minisprinttriathlon in Bad Orb, dem Haselmann. Sein Sohn Tim, einige kennen ihn, konnte verletzt nicht teilnehmen, da ein Autofahrer ihm in die Quere gekommen war.

Demnächst werde ich aus dem Nähkästchen von Embrun 93 erzählen. Weitere Bericht von Triathlon und so weiter auf meiner privaten Homepage  www.bholstiege.de

 

Bernd Holstiege im September 07