Sportverletzungen

In diesem Kapitel möchte ich über meine persönlichen Erfahrungen mit Sportverletzungen bzw. Überreizungen des orthopädischen Apparates und meinen Umgang mit diesen erzählen. Den Bericht über meine Erfahrungen betrachte ich als Erzählung.

Sport kannte ich ursprünglich nur vom Schulsport und aus dem Fernsehen, in meinen Augen etwas für menschliche Götter und Halbgötter. Das man so was trainieren könnte, auf die Idee wäre ich nie gekommen. Mir fehlte auch jegliche Anleitung. Nur zur Turn-AG bin ich in der Oberstufe öfter gegangen, obwohl mir das wenig lag. Dazu bin ich in meinen Augen zu lang und unbeweglich. Wahrscheinlich war mir der Turnlehrer sympathisch. Wenn wir mal im Sportunterricht 1000 m laufen sollten, lief ich wie die anderen völlig untrainiert viel zu schnell los und war nach 400 m fix und fertig, hörte auf oder quälte mich den Rest wandernd durch.

Anfang 20 lief ich jahrelang mit einer Art Gesundheitsholzsandalen herum, sogar im Winter. Dann oder dadurch bekam ich Fußschmerzen beidseitig am Längs- und Quergewölbe. Längeres Stehen und lange Gänge wie im Krankenhaus waren für mich ein Gräuel. Ich bin nie wieder an ein großes Krankenhaus gegangen. Ich ließ mir Einlagen verpassen, zuerst so Korkdinger, die nach 1 Jahr kaputt waren. Dann bekam ich welche aus Plastik. Ich ließ am Längs- und Quergewölbe noch etwas als zusätzliche Unterstützung drauf machen, sodaß es von unten drückte. Das tat so gut, daß ich bald beschwerdefrei ohne Einlagen herumlaufen konnte, vielleicht, weil ich selbst das Problem gelöst hatte. Die Psychologie winkt. Ich besitze die Einlagen noch heute.

Ich hatte ja schon früher Sportambitionen, d.h. ich wollte regelmäßig sporteln - was, war mir egal. Mit 23 beim Studium in München schloß ich mich einem Bodybuildingclub an und stemmte 3 mal jede Woche 2 Stunden Gewichte. Das machte Spaß. Aber aus unerfindlichen Gründen hörte ich nach 2 Monaten auf, obwohl ich Sparbrötchen 3 Monate bezahlt hatte. 1 Jahr später in Marburg wollte ich wieder mit Sport anfangen und ging zum Geräteturnen in eine Halle. Das lag mir nicht so sehr, aber auf der Bühne waren Hanteln, und ich machte Training mit Gewichten und Kniebeugen wie im Jahr zuvor mit Gewichten auf den Schultern. Plötzlich schmerzte das linke Knie, und es schwoll zusehends an. Monatelang hatte ich ein dickes Knie und war schwer gehbehindert. Als ich nach einem Jahr noch fast nichts machen konnte-  1/2 Stunde Tennis oder Tischtennis waren schon zuviel - ließ ich kurz nach dem Examen eine Kniearthrotomie durchführen - das war damals noch üblich, ich mußte 2 Wochen im Krankenhaus im Bett liegen, durfte nicht mal auf die Toilette. Der Arzt, Dr. Runzheimer zuckte die Schultern, er hatte fast nichts gefunden, was die Beschwerden erklärte. Nur der Außenmeniscus sei angeschliffen. Er hätte nichts gemacht. Danach lag ich noch 2 Wochen zuhause auf der Couch und wurde immer ungenießbarer, bis ich die Schnautze voll hatte und in Marburg meine Doktorarbeit beendete. Nach einem Jahr beim Alpinskilaufen schmerzte an den 1. beiden Abenden das Knie wie im Jahr zuvor. Ich war am Heulen. Aber dann waren die Beschwerden weg und traten erst 25 Jahre später nach reichlichem Laufen und vielen Kilometern wieder auf. Immerhin war ich 1980/81/82 über 3 Jahre im Jahresschnitt 110 bis 120 km gelaufen. Von diesem intensiven Training profitierte ich noch über Jahre und brauchte z.B. für 100 km nicht mehr soviel zu tun.

Über meine Beschwerden in meinen rechten Außenknie habe ich schon anderweitig berichtet. Wegen dieser Beschwerden war anfänglich kaum ein Laufen über mehr als fünf Kilometer möglich. Diese Beschwerden waren mehrere Jahre zuvor bei einer Wanderung mit meiner Frau Christa im Karwendelgebirge aufgetreten, bei der ich mich offensichtlich übernommen hatte, und hatten mich bei weiteren Wanderungen oder Laufversuchen behindert. Ich hatte erzählt, daß ich mehr zufällig auf der Stelle hüpfend bemerkte, wenn ich normal hüpfte, tat das Außenknie weh, wenn ich auf dem Innenfuß hüpfte - nicht. Diese Erfahrung setzte ich auf das Laufen um und seitdem konnte ich längere Strecken laufen. Nur, wenn ich längere Wettkampfstrecken in Angriff nahm, streikte das Knie anfänglich. Das war sowohl bei meinem 1. Marathon und bei den ersten 100 Kilometer-Läufen. Als ich schon viele 100 Kilometer Läufe problemlos absolviert hatte und einen 24 Stunden Lauf in Angriff nahm, das war 1989, streikte es schon wieder bei etwa 30 Kilometer.

Da ich auch die Erfahrung machte, daß je nach Wölbung des Weges die Beschwerden besser oder schlechter waren, bei Erhöhung besser, kam ich auf die Idee, eine Außenranderhöhung am Schuh künstlich herbei zu führen. Der orthopädische Schuhmacher Klepper in Langen, mit dem ich zufällig in Kontakt trat, hatte die gleiche Idee und baute mir fachmännisch einen Keil ein. Bei meinen übrigen Laufschuhen machte ich das selbst, zwar nicht so schön und fachmännisch, schnitt diese außen auf und klebte einen Keil ein, den ich aus einem alten Laufschuh ausschnitt. Später legte ich einfach einen Keil unter die Einlegsohle. Das geht genauso gut. Außerdem kann ich die Keile leicht wechseln.  Auch kaufe ich mir nur Laufschuhe, die nach außen schräg geschnitten, zumindest flach sind, sodaß ich proniere, nach innen abknicke - für viele Läufer Gift. So muß jeder für sich ausprobieren, wie er am besten zurecht kommt, in Laufstil und  Schuhen. Einen allgemeingültigen Rat kann es nicht geben - wie auch sonst im Leben.

Apropos Laufschuhen. Ich verdiene ja nicht am Schuhverkauf. Ich war einmal zu einer Einführung zu einer Lauftherapie. Der Lauftherapeut erzählte, angeregt aus seiner Ausbildung durch einen Laufberater der Schuhfirma Brooks, daß die Gase des Weichmachers für die Schuhdämpfung nach spätestens 1 Jahr verflogen sind, der Schuh seine Dämpfungseigenschaften verloren hat und dann neue Schuh notwendig sind. Ich protestierte innerlich, da ich meine Laufschuhe teils jahrelang so lange wie möglich trage. Manche Schuh verschieben sich anscheinend auch innerhalb der Dämpfungsschichten, sodaß man leichter nach innen oder außen kippt. Ich kann das ja durch meinen Keil ausgleichen. Wenn die Dämpfung härter wird, kann man die Schuhe oft durch zusätzliche oder dickere Einlegesohlen retten. Dazu müssen sie aber groß genug sein, also lieber eine halbe Nummer größer. Nach dem Laufseminar dachte ich mir, man sollte die Laufschuhe gerade dann kaufen, wenn die Weichmacher verflogen sind, also im Preis herabgesetzte oder Ladenhüter. Wenn diese eine gute Dämpfung haben, dann halten sie lange! Wenn ich neue Schuh kaufe, komme ich gerne mit alten gut gedämpften, dann kann ich besser vergleichen. Wie gesagt, ich verdiene am günstigen Einkauf.

Da ich psychologisch tätig bin, reichte mir Bernd Paschel einen Aufsatz ein, nach dem die psychosomatische Reaktion des Knies etwas mit Höhenflug und Demut, Bescheidenheit zu tun hatte. Wie in der Religion hat das auf den Knienrutschen etwas mit Demut zu tun. Dieser Argumentation war mir zugänglich, da gerade die Beschwerden immer bei neuen Höhenflügen auftraten, Marathon, 100 Kilometer und 24 Stunden- Lauf. Ich weiß noch, daß ich bei meinem ersten Marathon im Frankfurter Stadtwald dachte, als ich einen vermeintlich besseren befreundeten Läufer überholte "oh welch Frevel, das muß bestraft werden! " und prompt wurde ich mit Schmerzen im linken Knie, die eine Gehpause erforderten, bestraft. Nun ja, das sind  psychosomatische Spekulationen, die ich nun einmal am eigenen  Körper nacherlebte.

Im Frühjahr 77 lief ich mehr, um meinen 1. Marathon zu laufen, angeregt durch einen Mitläufer bei der Skizunft Wiesbaden. Über dessen Geschichte habe ich berichtet. Dabei schwollen beidseitig die Knöchel stark an. Ich ließ vor Schreck das Marathonlaufen erst mal. Nach einer Pause von 1 Woche nahm ich an einem 10 km-Wettkampf  teil, ausgerichtet von der Skizunft,  obwohl die Schwellungen noch nicht weg waren. Sie wurden danach auch nicht schlimmer. Nach dem Umzug nach Frankfurt 77 hatte ich wenig Gelegenheit zu laufen, dachte aber daran, es im Herbst wieder mit dem Marathon zu versuchen. 3 Wochen vorher war immer noch nichts passiert, als ich einen Ami kennen lernte, mit dem zusammen ich ganz gut laufen konnte, und der in Frankfurt starten wollte. Nach 2 Wochen Vorbereitung und 1 Woche Pause startete ich. Die Knöchel waren wieder angeschwollen, aber nicht so schlimm , und ich hatte ja inzwischen Erfahrung. Nach dem Marathon waren sie auch nicht schlimmer. Diese Beschwerden traten nie mehr auf. Anscheinend hatte eine orthopädische Anpassung statt gefunden.

1980 etwa vier bis fünf Wochen vor dem Honolulmarathon traten bei mir durch Übertraining rechts außen am Schienbeinrand Schmerzen und eine Schwellung auf, die sich vom Scheinbeinrand über den Wadenbeinmuskel hinzog. Nach einer Wochen konnte ich wieder laufen und nach zwei bis drei Wochen waren die Beschwerden weg. Durch diese Trainingspause gut erholt lief ich sogar in Hawai Bestzeit.

Als ich 1987 zwei Etappen zum Deutschlandlauf hinzu stieß und mitlief, sah ich, das gut die Hälfte der Läufer unter diesen Beschwerden litt. Sie alle hatten einen Druckverband und konnten damit weiterlaufen. Ich hatte diese Beschwerden ja nie wieder bekommen, konnte aber aus dieser Erfahrung mit der Behandlung der Deutschlandläufer anderen Mitläufern Ratschläge erteilen. Sie machten damit gute Erfahrungen. Ein Druckverband ist, ein festes Stück Gummi auf die gereizte und geschwollene Stelle und darüber einen festen Verband und damit locker weiterlaufen. Dazu noch eine kleine Anekdote: Ich wurde einmal im Notdienst im Winter in ein beheiztes Zelt für Obdachlose Anfang der 90er gerufen. U. a. sprach mich ein junger Mann an mit ostdeutschem Akzent und zeigte mir eine solche Schienbeinreizung. Ich sagte, das sei ja für Läufer typisch, und er meinte, er wandere ja jeden Tag ca. 25 km.

Mit 49 1 Jahr vor der neuen Altersklasse 50 hatte ich meinem Körper versprochen, ein Ruhejahr einzulegen und war schon wieder viel zu viel am Gange. Der Körper, vernünftiger als der Kopf, streikte mit dem linken Knie und Beschwerden am Außenmeniskus, sodaß ich nicht mehr laufen konnte und eine Arthroskopie (Kniespiegelung) machen ließ. Auf dem Videofilm konnte ich sehen, der Außenmeniscus war völlig durch und zerfetzt, während der Innenmeniscus jungfräulich daneben stand, so als ob er nie mitgelaufen wäre. Der vor 25 Jahren angeschliffen Meniscus war also inzwischen durchgeschliffen. - Beeindruckend für mich waren die Videoaufnahmen: Glasklar wie bei Unterwasseraufnahmen war das Innenknie zu sehen. Die Kamera führte durch das Knie, zeigte die Meniscen, die Gelenkflächen, wo innen oben ein kleines Stück wie bei einem Mottenfraß aus dem sonst perlmuttartigen Knorpel heraus gefressen war. Ich konnte sehen, wie eine kleine Schere herauskam, die Fetzen abschnitt, ein kleiner Sauger diese aufsaugte und eine kleine Walze einen noch vorhandenen Rand glättete. - Ich führe die Zerstörung des Außenmeniscus auf meinen Geh- und Laufstil zurück, sehr über den Außenfuß zu laufen. Schon als Kind war ich mit nach innen gedrehten Fußspitzen daher geeiert - sehr zum Ärger meines Vaters. Diese Beschwerden ließen  größtenteils von selbst wieder nach.

Viel Läufer meinen, durch Belastung wie Laufen würde der Körper verschleißen. Ein Freund meinte, bei jedem Marathon wird ein Stück Knorpel verschlissen. Ich meine, der Körper ist ein lebender Organismus, der nicht wie eine Maschine verschleißt, sogar durch Betätigung eher aufgebaut wird. Ich las in einem Bericht und sah im Röntgenbild, daß jugendliche Tennisspieler am Tennisarm einen wesentlich stärkeren Knochen aufweisen als am anderen, ein Beweis für den Aufbau durch Beanspruchung. Für jemanden, der den Körper als Maschine ansieht, muß die Angst mitlaufen. Diese führt zu Muskelverspannungen, dadurch erhöhter Beanspruchung und kann dadurch im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung zu Verletzungen führen. Siehe meine Referate über Sportpsychologie. Verschleiß tritt durch äußere Verletzungen und Über- und Fehlbelastung auf. Bei normaler Belastung kann so schnell nichts passieren, auch nicht bei Ultraläufen. Mein Laufstil ist eine solche Fehlbelastung trotz Korrekturversuchen über den Innenfuß. Von Triathlonärzten habe ich mehrfach gehört, ich sei ein Paradebeispiel muskulärer Dysbalancen. Überbelastung kann auch durch überhöhten Ehrgeiz auftreten.

Ganz waren die Beschwerden am linken Außenknie jedoch nicht verschwunden. Im Winter 93 war ich mit Michael Förster und Christian Wurm zum Skilanglauf im Obergailtal in Kärnten. Schon am 2. Tag beim Skating schmerzte das Knie wieder - wohl wegen meiner ungünstigen Skatingtechnik mit dem linken Bein, rechts mache ich es besser - und wurde trotz alternativem Wechsel  zur klassischen Technik schlimmer. Am Sonntag hatten wir einen Marathon in Skating über 50 km vor. Am Samstag dacht ich mir, das hat überhaupt keinen Zweck - und meldete mich an. Anschließend ging ich zu unserer Wirtin und erklärte ihr, die meisten Leute hätten doch eine Hausapotheke von den Medikamenten, die sie noch nicht weggeschmissen hätten. Sie meinte, sie schmeiße die alten restlichen auch weg, hätte aber noch einen Rest, den sie herbei brachte. Ein Blick und ich sah das geeignete Antirheumatikum. Ich nahm gleich eine Tablette, vor dem Schlafengehen noch eine und am Morgen war das Knie schon deutlich besser. Nach einer weiteren morgens absolvierte ich den Skimarathon problemlos. Leider wie erwartet kamen die Beschwerden im Nachhinein und behinderten mich den ganzen Winter. Erst Ende April konnte ich wieder problemlos laufen. Aber dafür war ich recht erfolgreich. Siehe Kapitel Triathlon.

Mit 54 das gleiche Spiel wie 5 Jahre zuvor. Diesmal streikte das rechte Knie. Nach einer Kniespiegelung - den eingerissenen Teil des rechten Außenmeniscus hatte der Operateur entfernt und stellte noch eine Arthrose Stadium 1 fest - meinte er, ich müßte bald wieder laufen können. Leider war dem nicht so. Nach einem 1/4 Jahr versuchte ich es 1 Monat lang, gab dann auf. Der nächste Laufversuch 1/4 Jahr später war noch schlechter. Nach 1 km ging es schon nicht mehr. Erst als ich  nach einem kurzen Laufversuch beim Ausführen des Hundes mehr zufällig feststellte, wenn ich normal gehe, schmerzt es, wenn ich im Vorderfuß schwungvoll abdrücke, dann nicht, konnte ich bei der Umsetzung auf das Joggen wieder einigermaßen laufen. 1/2 Jahr später bei Wettkämpfen konnte ich sogar das brennende Knie durch konzentriertes Abstoßen retten.

2000 als ich meinen 1. Triple ins Auge faßte, meinte ich für die 126 km mehr laufen zu müssen. Den Double in Litauen im Vorjahr hatte ich ja nur probehalber gemacht. 3 mal lief ich 2 Wochen lang gut 80 km, dann hatte ich entweder am linken oder rechten Knie Beschwerden, sodaß ich vorsichtig sein mußte. Im zunehmenden Alter läßt halt die Gewebetoleranz nach, wie ich das nenne, auf die man sich einstellen muß. Sonst ist man laufend verletzt. Sehr gute alternde Läufer, die gewohnt sind schnell zu laufen und die Leistung zu halten versuchen, sind meist chronisch verletzt - wenn sie nicht Glück, die Gewebetoleranz Jüngerer oder einen begnadeten Laufstil haben. Vielleicht hilft auch eine gute Beratung? Bei mir fingen Muskelschmerzen, eine Art Muskelkater, vermehrt ab knapp Mitte 40 an, sodaß ich nicht mehr soviel laufen konnte und langsamer laufen mußte. Trotzdem konnte ich über 2 - 3 Jahre einigermaßen auch mit weniger Training die Leistung halten. Wenn mir nach 20 km schon die Muskeln schmerzten oder ich fix und fertig war, meinten andere "das ist für dich doch nur ein Einlaufen". So einen Ruf hatte/habe ich weg- im Kopf vieler muß es ja auch wohl so sein, wenn man  lange Sachen macht. Daß bei Ultras das Laufen viel langsamer ist und dadurch erst ultralange Strecken möglich sind, sehen sie höchstens an den Zeiten.

Ein weit verbreiteter Irrtum ist, je länger die Strecken sind, desto mehr muß trainiert werden. Die Folge ist, daß etwa 100km-Läufer viel zu viel trainieren. Und wenn sie dann wegen Übertraining eingehen, glauben sie noch, sie hätten zu wenig trainiert, und intensivieren noch ihre Training - mit der gegenteiligen Folge in einem Teufelskreislauf. Spitzenkurztriathleten trainieren genauso viel wie Spitzenlangtriathleten, nur härter. Also ist die Verletzungsanfälligkeit größer. Ich trainiere zu einem Ultratriathlon kein Stück mehr als sonst, eher lockerer, da ich ja nicht so schnell zu sein brauche und innerhalb des Wettkampfes auch nicht kann. Am besten hatte ich abgeschnitten in Lensahn 01 und in Neulengbach 03, als ich nicht so gut trainiert war. Die Ausdauer ist trotzdem da. Ein bewundernswertes Beispiel ist für mich Martin Schytil, der das Training oft sehr vernachlässigt, und mit intensiveren Training zwar in einzelnen Wettkämpfen besser gewesen wäre, aber nie die lange Saison so gut durchgestanden hätte.

Ein paar mal habe ich erlebt , daß, wenn ich mich nach einem Wettkampf oder Training noch nicht gut fühle, lahm, schwer und lustlos bin, im Kopf aber denke, es müßte doch allmählich wieder gehen, also mich zu wenig nach meinem Körpergefühl richte, oder mit anderen zu schnell mit laufe, das mögen nur geringe Unterschiede sein, plötzlich ein Schmerz z.B. in der Wade, eine Zerrung oder ein Muskelfaserriß aufgetreten ist, und ich länger behindert war. So ging es mir im Winter 01 nach einem Halbmarathon in Mörfelden 1 Woche später, als ich ein mir bekannte Läuferin traf, mich mit ihr unterhielt und zu schnell lief. Normal laufen konnte ich erst wieder nach 2 Monaten, was heißt normal, natürlich deutlich langsamer als früher. Der Lohn für nicht zuviel Training war, daß ich den Triple in Lensahn gut durchhielt. Vor allem auf dem Rad war ich sehr gut, beim Laufen langsam. Siehe Bericht.

Zum Thema Befindlichkeit: Etwa 1987 stand ich mit zwei befreundeten Sportlehrern, Bernd Paschel und Rolf Gunkelmann, auf dem Sportuniparkplatz, als ein jüngerer Herr vorbeikam und ihn die beiden nach den Laktaten fragten. Er verkündete lautstark, "Laktate sind out, Befindlichkeit ist in". Außerdem zitierte er Harald Schmid "während die anderen gewinnen, messen die Deutschen die Laktate!". Diese Ansicht wolle er auf dem nächsten Sportärztekongreß verkünden und rechne mit Konflikten mit den Hardlinern. Die beiden sagten hinterher, so hätten sie ihn gar nicht eingeschätzt. Bald war Professor Banzer, damals noch Doktor, Leiter an der Sportmedizin. Heute ist es noch sehr modern, die Laktate zu messen, wie Spiridonis und Blaugelber wissen.

Vor ein paar Jahren traf ich im Niddatal eine mir bekannte Läuferin, zu Fuß gehend. Ich fragte sie, warum sie nicht laufe. Sofort kamen ihr die Tränen, seit einem viertel Jahr habe sie Beschwerden, könne nicht mehr laufen und werde in vier Wochen operiert. Ich riet ihr, zuerst einmal mit 50 Meter Laufen und Pausen zu beginnen bis zur Schmerzgrenze, damit die Orthopädie sich wieder dran gewöhnen könne. Ihre Miene hellte sich auf, 50 Meter Laufen traue sie sich zu. Ich dachte mir, das ist gegessen, und tatsächlich, nach vier Wochen konnte sie wieder 1 Stunde laufen. Heute sagt sie, ich hätte sie vor der Operation gerettet.

Im Moment geht es mir wieder ebenso. Ich habe wieder meine Befindlichkeit zu wenig beachtet. Ich hatte für meine Verhältnisse für den Frankfurt-Marathon 04 ganz gut trainiert und wollte 11/2 Wochen vorher noch mal 20 km laufen. Ich fühlte mich aber lahm und schwer, meinte aber ich müßte schneller laufen und nach 31/2 km hatte ich plötzlich Schmerzen in der Wade links, sodaß ich nur ganz langsam ganz hinten auf der Ferse nach Hause laufen konnte. Am nächsten Tag ging es wieder besser und hybrid, wie ich manchmal bin, wollte ich wiederum am nächsten Tag 2 Stunden durch den Vordertaunus laufen. Nach 1 Stunde war ich auch richtig gut drauf, lief zügig - und hatte es wieder in der Wade, lief langsam zurück. Aber bald fühlte ich mich wieder besser, beschloß, noch eine halbe Stunde dran zu hängen, was ich bald bereute und nur mühsam zurück kam. Aber der Marathon  wäre wohl immer noch drin gewesen, die Besserungstendenz war stark. Am nächsten Tag meinte ich oben auf der Mülltonne den Inhalt zusammen drücken zu müssen und sprang halb ab, ohne an meine Wade zu denken - ein stechender Schmerz. Ich dachte, das war's! und war in den nächsten Tagen vermehrt behindert. Eine gute halbe Woche später konnte ich wieder besser laufen und machte mir wieder Hoffnung, obwohl ich meine Startnummer inzwischen abgegeben hatte. Nach 7 km war es dann endgültig vorbei. Nicht, daß ich unbedingt den Marathon laufen wollte. Dazu bin ich zu ambivalent. Schließlich ist Marathon anstrengend, tut noch tagelang trotz des beglückenden Gefühls weh. Zuschauen, wie die anderen sich plagen etwa am Opernplatz, evtl. Motorradfahren, ist auch ganz schön.

Das Resümee' - wieder einmal - für mich ist: Das Wichtigste ist, auf den eigenen Körper, das Körpergefühl oder die Befindlichkeit, zu hören. Der Körper meldet sich nach den Geistesvergewaltigungen und protestiert oft mit Schmerzen. Ähnlich ist es, wenn ich mit Pulsmesser laufen, mich schlecht fühle, aber meine, "Puls knapp über 100, das ist doch kein Training!" und überfordere mich leicht. Aber meist bin ich klug genug und höre auf mich. Zur Pulsmesserei, die ich auch ab und zu pflege: Wenn man sich nach dem Puls richtet, etwa Richtwert 130, wie viel propagiert wird, kann es zu schnell - für mich meist im Training viel zu schnell -  oder zu langsam sein, je nach Ausgangspuls. Lang trainierte Ausdauersportler haben oft einen sehr niedrigen Trainingspuls. Vor allem im fortgeschrittenen Alter sollte man sein Trainingstempo dem anpassen, also mit niedriger Pulsfrequenz trainieren. Sonst ist man leicht verletzt.

Letztes Jahr war ich den Frankfurt-Marathon mitgelaufen in 4.12, 1 Woche später in Jügesheim knapp unter 49 min, wieder 1 Woche später den Arque-Lauf, der mir schon nicht so gut bekam. Bald meinte ich - den Teufel im Ohr -, mein Trainingstempo zu erhöhen, um wieder schneller zu werden. Mir tat alles weh, und ich lief schön langsam 6 bis 7 min/km. Zum Silvesterlauf erhob sich für mich die spannende Frage, ob ich bei dem langsamen Trainingstempo unter 50 min laufen könnte. Ich lief 47.14 min und war eigentlich überrascht.

Eine gute Kompensation und Alternative zu Beschwerden beim Laufen ist das Radfahren. Dadurch können Laufkilometer ersetzt und die Laufreizungen gemildert werden. Laufen ist zwar in der kürzesten Zeit mit dem höchsten Trainingseffekt fast an jedem Ort möglich, aber orthopädisch am belastensten. Allerdings treten von hartem Radfahren wiederum Muskelbeschwerden auf. Diese halten aber nicht so lange an. Früher traten nach hartem Radfahren bei mir nach ca. 2 - 3000 km im Frühjahr wiederholt Kniebeschwerden auf und verschwanden wieder bei lockerer Betätigung, d. h. weniger Druck und mehr Umdrehung. Heute fahre ich einfach lockerer, sodaß ich beim Radfahren kaum Probleme habe, allerdings auf Kosten der Leistung. Dabei bin ich auf ultralangen Strecken noch recht gut, kurzen weniger. Die Ausdauer ist noch erhalten, aber die Kraft hat stark nachgelassen, was ich besonders an Bergen und bei erhöhter Geschwindigkeit merke.

Ein Resümee' für mich ist, man muß vieles selbst ausprobieren, andere Lauftechnik, andere Schuh, anderes Gelände, evtl. langsamer, manchmal sogar schneller laufen. Für jeden persönlich anwendbare allgemeine Regeln gibt es wenig, bis auf die wichtigste Regel, die oft vergessen wird, daß zu jedem Training die Erholung gehört. Manchmal kann ein guter Berater weiter helfen. Aber wie soll ich als Konsument entscheiden, wer gut ist. Diejenigen, die es so genau zu wissen scheinen bzw. so auftreten, jedenfalls nicht. Im allgemeinen ist bei schnellerem Laufen die Belastung größer und die Verletzungsanfälligkeit größer. Ich habe selten bei Wettkämpfen orthopädische Probleme bekommen, die nicht schon vorher durch zu intensives Training und mangelnde Regeneration vorhanden waren, bis auf meine in meinem inneren Bild hybriden größeren Strecken. Das halte ich mehr für ein psychisches Problem "Frevel muß bestraft werden!", das sich am Körper auswirkt, und nach psychischer Entzauberung und Gewöhnung nachließ.

Fortsetzung im März 05:  Inzwischen habe ich ganz gut trainiert, etwa 50 km in der Woche. Meist bin ich langsam gelaufen, aber ab und zu, wenn ich Schnellere traf und mich gut drauf fühlte, bin ich auch gerannt. Meist bin ich erst nach 1 knappen Stunde locker, habe bis dahin aber schon aufgehört. Leider meldet sich wieder das linke Außenknie. Ich habe 1 mal Skilanglauf probiert, da gute Schneeverhältnisse herrschen. Aber leider verträgt das Knie kein Skaten und beim Klassisch schmerzt das linke Großzehengrundgelenk, das mich auch beim Gehen stört, weniger beim Laufen. Mit 3 neuen Tricks komme ich ganz gut hin, einmal konzentriert vorne Abstoßen, was ansonsten nicht so sehr mein Laufstil ist, und zügige Gehpausen von ein paar hundert Meter oder ein zügiges halbes Walken. Mit vorübergehend halben Walken bin ich in Jügesheim sogar Anfang Februar 49 min gelaufen. Dabei werden auch evtl. schmerzende Muskeln wieder besser.

Weiteres ist aus den Referaten über Sportpsychologie zu entnehmen.