Das Thema Diagnose und Therapie‘ klingt verführerisch, so als ob es sich um ein klar umschriebenes Krankheitsbild mit eindeutiger Diagnose und Therapie handeln würde. Bei den Begriffen ,,psychologisch“ und ,,Fehlfunktionen“ ergeben sich dagegen sicherlich Schwierigkeiten. Was sind Fehlfunktionen, dazu noch psychologische? Sind die der Psychologen gemeint? Zu dem, was man so von manchen Psychologen hört, sagen manche ,,die Psychologen sind selber die Krankheit, für deren Therapie sie sich für zuständig halten“.
Darin, daß das Thema nicht psychische oder etwa psychosoziale Fehlfunktionen heißt, sondern psychologische, sehe ich den Sinn, daß jeder Triathlet wie jeder Mensch seine eigenen Auffassungen hat, Aussagen trifft, Denkprozessen und Verhaltensweisen unterliegt. Diese Gesamtheit stellt die menschliche Psyche dar, die in aktuellen und traditionellen kulturellen zwischenmenschlichen Zusammenhängen steht. In seiner Psyche ist also jeder sein eigener bewußter und unbewußter Regent, jeder sozusagen sein eigener Psychologe. Über ihre Einflüsse im zwischenmenschlichen Kontext regieren andere mit. Dabei ist jeder Täter und Opfer zugleich. Uns interessiert, wodurch der Täter sein eigenes Opfer wird, seine Sichtweisen ihm selber ein Bein stellen. Selbstverständlich ist die Diagnose nicht naturwissenschaftlich etwa im Labor zu stellen, und objektiv schon gar nicht, geht doch die mehr oder weniger wissenschaftlich erhärtete subjektive Sichtweise des Diagnostikers selbst mit ein. Und je nachdem, welche Interaktion sich ergibt, zeigt sich der Patient von verschiedenen Seiten. Übrigens auch bei naturwissenschaftlichen Diagnosen wird das diagnostische Ergebnis von der Art des Instrumentariums mitbestimmt, und nach dessen Änderung ändert sich das diagnostische bild.
Derartige Selbstverständlichkeiten führe ich kurz an, da über die menschliche Psyche die absonderlichsten Vorstellungen herrschen. Oft wird dar n etwas Mysteriöses, ja Böses gesehen, mit dem viele Mediziner auf eine rein naturwissenschaftliche Betrachtungsweise zurückgezogen.
Wesentliche Aspekte meiner psychologischen Sichtweise, die das vorläufige Ergebnis 20 jähriger, psychotherapeutischer Arbeit mit Patienten und eigener l5jähriger ausdauersportlicher Hobbybetätigung mit Leistungszielen und guten Erfolgen im Ultrabereich ist, habe ich auf den letzten Triathlonsymposien und in den letzten DTU - Jahrbüchern vorgestellt. Themen waren „Psychosoziale Hintergründe beim Leistungsversagen“ oder „der Fluch des Erfolges“ und „Selbstachtung und Erfolgszwang“. Meine Ausflüge in die Mythologie erschienen manchen wohl etwas abgehoben und reifen naturgemäß Widerspruch hervor, vor allem, da gerade Sportler und Mediziner eindeutige Zahlen und Daten bevorzugen, die aus der Verwirrung und den Widersprüchen des menschlichen Lebens heraus zuführen scheinen. Mein Anliegen ist es, den Menschen in einer bestimmten Lebenssituation in übergeordneten geschichtlichen und sozialen Zusammenhängen darzustellen, um eine subjektiv differenzierte und integrierte Sichtweise zu gewinnen..
Aus meiner Sichtweise sind typische und häufige psychologische Fehlleistungen, die zu Verletzungen und Leistungsversagen führen, kurz illustriert die folgenden: Die Nichtbeachtung der 2.Trainingskomponente, der Regeneration, als Felge eines im Sinne von Turnvater Jahn tief im Volksdenken verwurzelten Härtedenkens “nur Härte führt zum Erfolg, den inneren Schweinhund überwinden“. Gegen ein überhartes Training wehrt sich nicht nur der Körper mit Reizzuständen bis zu Ermüdungsbrüchen, sondern auch die Psyche mit meist latenter Angst vor erneutem Streß und Quälerei und Demotivation bis zu meist uneingestandener Depression. Die Angst führt zu Muskelverspannungen und über die Mitinnervation antagonistischer Muskelgruppen zu Leistungsverlust, vermehrter orthopädischer Belastung und Verletzungsanfälligkeit. Die Depression kann sich als körperlicher Schmerz äußern. Es kann sich ein Circulus vitiosus einspielen zwischen Schmerz, Angst und Depression. Im Dunkel des Trainingstunnels entfernt sich das erhoffte Licht des Erfolges weiter und weiter.
Wiederholt wurde mir von Schuldgefühlen berichtet, so als ob eine Schuld eingegangen würde, wenn nicht die Trainingsnormen erfüllt wurden. Um diese Gefühle zu vermeiden, werden die Warnsignale von Körper und Psyche überhört. Klaus Klaeren meinte auf einem Triathlonsymposium „einen Spitzentriathleten unterscheide vielleicht von einem weniger Trainierten, daß er, wenn er sich nicht so wohl fühle, mal einen Tag aussetzen kann“. Triathlon ist zwar durch die verminderte Beanspruchung spezifischer Muskelgruppen weniger verletzungsanfällig als jede der einzelnen Sportarten, führt aber leichter zu einer allgemeinen körperlichen und psychischen Ermüdung. Wird diese Ermüdung nicht beachtet, können sich die oben geschilderten Kreisläufe einstellen. Weiterhin ist die Gefährdung beim Radfahren gerade im Training im Straßenverkehr, wo die meiste Zeit verbracht wird, so wenig im Denken verankert, daß das Tragen eines Helmes nur in Wettkämpfen obligatorisch ist.
Vor Wettkämpfen besteht oft eine uneingestandene Angst vor dem Formverlust, so daß bis kurz vor den Wettkampf zu intensiv trainiert wird, und infolge mangelnder Regeneration diese Angst ihre Bestätigung findet.
Bisher habe ich bei den körperlichen Krankheitsfolgen ausschließlich den orthopädischen Apparat angesprochen. Die übrige wohlbekannte Krankheitspalette wie Magen- Darmstörungen, Herz-Lunge, Erkältungen und Infektionen infolge einer Schwächung des Immunsystems können ebenso die Folge sein. Dabei spielt eine Rolle, daß dieselben psychologischen Fehlfunktionen sich ebenso in anderen Lebensbereichen abspielen.
Weit verbreitet ist die Einstellung, daß Sport überhaupt, insbesondere Triathlon, das mit dem Ironman identifiziert wird, dem sogenannten härtesten Wettkampf der Welt, gesundheitsschädlich sei bis zum Slogan ,,Sport ist Mord“, zu Gelenkverschleiß oder anderem führe. Bei Läufern ist mir diese Vorstellung artikuliert von Eltern oder Ehepartnern wohl bekannt. Diese Ängste schwingen beim Sportler untergründig mit (,,vielleicht ist doch etwas dran“) und gefährden seine Sportausübung. Nach meiner Überzeugung werden die Gelenke und die Gesundheit bei vernünftiger Triathlonausübung eher aufgebaut, auch im Spitzenleistungsbereich, und zwischenzeitliche Verletzungen heilen folgenlos aus. Manche dauerhaften Schäden werden zwar oft auf die Sportausübung zurückgeführt. Diese Schäden wie z.B. ein Bandscheibenprolaps oder eine Arthrose treten genauso bei Nichtsportlern auf.
Im Beitrag ,der Fluch des Erfolges“ habe ich nach der griechischen Mythologie den Begriff des ,,lkarossyndroms“ geprägt, - Höhenflug und zwangsläufiger Absturz. Dies kann einerseits durch überhöhte, unrealistische Leistungsziele aufgrund von hochfliegenden Wunschphantasien vor allem nach Anfangserfolgen geschehen, vielleicht noch genährt durch Hochjubeln der Umgebung bei Jugendlichen als Folge eines linearen Fortschrittdenkens. Dabei wird der wellenförmige Leistungsverlauf, wie es Erfahrene an sich kennen, nicht beachtet. Andererseits dient der Erfolg gerade im Sport als Kompensationsmechanismus für anderweitig erlebte Mißerfolgs- und Versagenserlebnisse. Dadurch stellt sich ein Erfolgszwang ein, der durch die geschilderten körperlichen und psychischen Folgezyklen den Mißerfolg geradezu provoziert.
Zur Erklärung von Versagensangst, Erfolgszwang und Härtedenken möchte ich kurz auf mir grundlegend erscheinende menschliche Denkprozesse verweisen - die Unterscheidung zwischen dissoziativem und integrativem Denken. Dissoziation, Unvereinbarkeit, Spaltung, Auf- und Abspaltung heißt entweder - oder, schwarz - weiß, falsch – richtig, gut -böse usw. Das Eine schließt das Andere aus. Falls die unvereinbaren Seiten gleichzeitig oder nacheinander sichtbar werden, gerät der dissoziativ Denkende völlig in Verwirrung oder Zerrissenheit. Um eine eindeutige Klarheit zu gewinnen, werden verschiedene Aspekte gleichgesetzt: subjektiv = objektiv, jetzt = immer oder nie, pars pro toto, d. h., ein Teilaspekt stellt das Ganze dar. Die Gleichsetzung von Phantasie bzw. Vorstellung und Realität führt durch die Handlungsumsetzung der Realitätsvorstellung zur an- und vorweggenommenen Realität (selfulfilling prophecy).
Demgegenüber steht das integrative Denken, wie sowohl als auch, mehr oder weniger, für und wider, wobei verschiedene Aspekte und Seiten eines Menschen oder Sachverhaltes gleichzeitig (synchron) und nacheinander (diachron), gute und schlechte Seiten, Vor- und Nachteile gesehen werden. Die Folge ist eine Ambivalenz, die realistisch gesehen für sämtliche Entscheidungen zutrifft, ob ich Leistungssport betreibe, welchen Beruf ich auswähle, heirate oder Kinder plane.
Verdeutlicht an einer Medaille oder einem Facettenauge: Der dissoziativ Denkende hält die eine Seite für die ganze Medaille oder eine Facette für das ganze Auge. Die Sichtweise, daß die andere, nicht sichtbare Seite bzw. die übrigen Facetten zur Gesamtheit hinzu gehören, ist ihm nicht möglich. Er hält den Integrativen für hirnrissig, weil er in seinen Augen unvereinbare Widersprüchlichkeiten unter einen Hut bringt, der Integrative dagegen hält den Dissoziativen für hirnrissig, weil er Widersprüchlichkeiten für unvereinbar hält. Beide sehen sich als normal an. Dissoziaton kann man als unreife, infantile Denkmuster ansehen, während Integration Reife bedeutet. Durch den Mechanismus der Verleugnung eines oder mehrerer Aspekte und Seiten werden diese gleichzeitig herunter- und hochgespielt, müssen allgegenwärtig gefürchtet werden. So erklärt sich eine Angst vor Neuem und Entscheidungen. Der Vogel Strauß beschwört sozusagen die Gefahren, vor denen er den Kopf in den Sand steckt, und kann sie nicht auf ihren Realitätsgehalt überprüfen und entzaubern.
Am Beispiel der Phobie möchte ich die Folgen verdeutlichen: Eine für objektiv gehaltene subjektive Meinung wird als objektive Tatsache bzw. ein Teilaspekt als die ganze Wahrheit hingestellt, wodurch sich der andere in seiner subjektiven Meinung, die er oft ebenfalls für objektiv hält, übergangen sieht und dagegen setzen muß. Es ergibt sich ein Rechtsstreit, wer nun objektiv recht hat. Der Unterlegene muß weiterhin um den Sieg kämpfen, woraus sich eine immerwährende Zerstrittenheit ergeben kann ohne Lösungs- und Versöhnungsmöglichkeit und sich Hilfs- und Hoffnungslosigkeit breit macht. Ein phobisches Arrangement ist oft noch die beste Lösungsmöglichkeit. Häufig spielt sich ein tragischer Zyklus ab. Jemand, der immer nur das Gute, das Recht oder den Erfolg sucht, sich unendlich bemüht, erntet infolge der Verleugnung anderer Aspekte das Gegenteil (Sisyphossyndrom) - wie mancher Trainingsweltmeister. Ich halte das dissoziative Denken mit den Folgen der immerwährenden zwischenmenschlichen Konflikte und des unendlichen Bemühens für eine wesentliche Ursache vieler psychischer und organischer Erkrankungen.
Da der Dissoziative negative Anteile vermeiden muß, kann er nicht sein und sich mitteilen, wie er ist und sich fühlt, mit all seinen guten und schlechten Anteilen ( analoger Dialog), sondern er muß positive bilder im Gegenüber erzeugen (digitaler Dialog). Wichtig ist also, nicht wie er ist, sondern wie der andere über ihn denkt, natürlich nach den bildern, wie sie in ihm sind, was noch lange nicht den positiven bildern des anderen zu entsprechen braucht. Er muß also den anderen alles recht machen, Streit vermeiden, Harmonie suchen, unendliche Arbeit leisten und erntet für seine Anpassung bis zur Unterwürfigkeit Spott und Verachtung, was er schon als Selbstbild in sich trägt und wofür die guten bilder des Gegenübers zur Kompensation beitragen sollen Ein tragischer Zyklus. So kann auch das Bemühen des Sportlers und Triathleten um ein Stärke- und Erfolgsbild, vor allem, wenn er alles dafür aufopfert, in manchem Gegenüber nur Kopfschütteln hervorrufen.
Ein weiterer Mechanismus der Vermeidung negativer Sichtweisen ist die Projektion dieser auf andere Personen und Gruppen : ,,Die da sind die Bösen oder Schuldigen“ ( Pharisäertum). Wenn Sie sich die Geste des Zeigefingers vergegenwärtigen, zeigen 3 Finger unter der verdeckten Hand zurück. Es muß sich eine Zurückweisung und ein Machtkampf ohne Ende ergeben. Kinder, Depressive und Randgruppen unterliegen normalerweise und übernehmen die negativen Anteile (Introjektion). Dazu könnte man auch Schmerzerscheinungen zählen.
Wenn nun der verletzte übertrainierte Triathlet, nicht Athlet, sondern gleich Triathlet – man könnte aus dem Wort den Größenanspruch herleiten - den Arzt aufsucht, möchte er nicht mit seiner persönlichen Psychologie, seinen Sicht- und Handlungsweisen konfrontiert werden. Er möchte den angebotenen Teilaspekt kuriert sehen. Das sein offizieller Behandlungsauftrag. Darüber hinaus möchte er menschliche Bestätigung, die er so sehr im Erfolg suchte, möchte hören, daß er auf dem richtigen Weg liege. Wenn der zwischenmenschliche Konsens vorliegt, im Gegensatz zu den vorherigen Spannungszuständen, können sich seine Selbstheilungskräfte entfalten. Demzufolge muß er Hinweise auf falsches Training zurückweisen, daß er etwas falsch mache, hat er oft genug gehört. Eine Kränkung seines Selbstbildes, die tendenziell krank macht, ,kann nicht sein‘ und wird mit dem Hinweis zurückgewiesen, daß dieser oder jener verletzungsfreie viel mehr und härter trainiere.
Neben diesem offiziellem Behandlungsauftrag aufgrund des Ruhebedürfnisses, endlich den Streß und die Quälerei los zu sein, aufatmen zu können, die eigenen Krankheitsängste und die des Umfeldes - paradoxerweise durch die Krankheit selbst - zu beruhigen, endlich Zeit und Muße für andere Dinge zu haben - und das haben leistungsorientierte Triathleten wenig, es sei denn, sie haben sonst wenig zu tun - besteht en inoffizieller Auftrag entsprechend dem Ruhebedürfnis. der sämtliche ärztliche Bemühungen zu sabotieren vermag. Verletzter Triathlet und Arzt befinden sich in einer mehrfachen Falle. Der gemeinsame Konsens der Krankheitsvorstellungen von Patient und Arzt ist von zentraler therapeutischer Bedeutung, damit die ,,Droge Arzt‘ nach Michael Balint zur Wirkung kommen kann. Darin sehe ich den behandlungstechnischen Grund, daß die Ärzteverbände so sehr für das Vertrauen in den Arzt plädieren. Andererseits -sollte der Arzt den Verletzten in seinen Fehlfunktionen bestärken? Es ist oft eine Gratwanderung. Findet sich ein Konsens, ist die Art der Therapie nicht so wichtig. Verschiedene Wege führen nach Rom. Findet sich kein Konsens, fühlt sich der Patient nicht verstanden, sucht einen anderen Arzt auf oder dreht je nach seinen evtl. bizarren Krankheitsvorstellungen die Runde über Heilpraktiker, Augendiagnostiker oder Astrologen. Je nachdem ob Leistungswillen oder Ruhebedürfnis zu einem bestimmten Zeitpunkt überwiegen, je nachdem wie der Arzt in diese Ambivalenzen aufgrund seiner Persönlichkeit, zufällig oder mit psychologischen Fertigkeiten einzugreifen vermag, bessert sich die Krankheit oder nicht. Durchschaut der Arzt diese Zusammenhänge nicht, so daß er seine oft engen Grenzen akzeptieren kann, also seinen inneren Konsens findet, muß er evtl. ebenfalls im Triathlon oder anderswo sein vermeintliches berufliches Versagen kompensieren. Er hat nur noch die Möglichkeit, seinen Schaden, die Nichtakzeptanz durch die Patienten ,,du bist falsch“ durch die Schadenfreude zu reduzieren, indem er sich sagt ,,geschieht dem ganz recht!“.
Die Diagnose psychologischer Fehlfunktionen ergibt sch sicherlich nicht aus dem psychischen oder organischem Beschwerdebild und Befund allein. Da Könnte man auch andere Ursachen annehmen. Oft ist der bewußte Erkenntnisstand bei Arzt und Patient nicht vorhanden, oder es besteht ein unausgesprochenes Behandlungsbündnis, diese Dinge nicht anzusprechen. Auf dieser Basis können sich durchaus Heilungsprozesse entwickeln, sind sogar die Regel. Sind beim Arzt psychologische Sichtweisen vorhanden, und hält er es für sinnvoll, diese beim Patienten anzusprechen, gilt es, die konstruktiven Fähigkeiten des Patienten, aber auch des Arztes zu fördern. Für den Hauptzugang halte ich, die Krankheitsvorstellungen und Selbstdiagnosen des Patienten selbst zu erfragen, wie er sich die Krankheit erklärt, Gedanken über Ursachen und vorgestellte Therapiemöglichkeiten, Meinungen der Umgebung, und wie er wiederum zu deren Aussagen steht. Weiterführen kann auch die Frage nach sonstigen Belastungen mit dem eventuellen Hinweis, daß diese sich mit den Trainingsbelastungen potenzieren könnten und infolgedessen eine verminderte Trainingsbelastung mit verminderten Zielen notwendig sei.
Die Frage, wie sich der Patient sein Leben vorstelle, falls die Beschwerden sich nicht besserten, kann andere Lebensperspektiven eröffnen, die der Patient unbewußt suchte. Werden diese als positive Alternativen erörtert, und kann sie der Patient annehmen, werden seine Spannungen nachlassen, und sein Beschwerdebild bessert sich oft von selbst. Überhaupt durch das Gespräch über die subjektiven Vorstellungen wird das Tabuisierte, Unaussprechliche ansprechbar und verliert seinen Schrecken. Insofern kann das Gespräch Therapie selbst sein. Die übrigen Maßnahmen sind flankierend. Wie oben erwähnt können die übrigen therapeutischen Aktionen ebenfalls hilfreich sein, Hauptsache es wird überhaupt etwas gemacht, da Hoffnungen erweckt werden, die zwar enttäuschen, aber auch aus der hoffnungslosen Situation herausführen können.
Der Grad der Besserungsmöglichkeit wird durch die Fixierung des Patienten am Erfolg, andere positive Lebensmöglichkeiten und die Intensität der Einwirkungen durch die Umgebung bestimmt, gegenüber denen der Triathlet sich eventuell in einer Art trotzigen Gegenbeweis behaupten muß.
Der integrativ denkende, besonnene Triathlet wird kaum den Arzt aufsuchen. Falls er es überzogen hat, übertrainiert ist - so genau. wann das sein wird, weiß keiner vorher außer den Besserwissern, die es erst hinterher wissen, aber meinen, es schon vorher gewußt zu haben (subjektive Meinung = objektive Realität, Denken = Wissen) - wird er regenerieren oder seine Leistungsziele herunterschrauben. Er wird zusehen, daß die Freude am Sport erhalten bleibt, vor allem dort, wo er die meiste Zeit verbringt, nämlich im Training, und dies nicht zu einer Quälerei ausartet mit immerwährender Müdigkeit. Der Weg ist das Hauptziel, der Erfolg nur ein Nebenziel. Sein Ziel ist die Leistungsoptimierung, das heißt Leistung unter Berücksichtigung seines psychischen, körperlichen und sozialen Wohlbefindens, nicht die Leistungsmaximierung, wo allein die Zahl, der Platz gilt. Aber solche Leute können wir nicht gebrauchen. Wir Ärzte wären ja arbeitslos. Trotzdem – versuchen Sie einmal ein Gespräch mit ihrem Triathlonpatienten über seine Krankheitsvorstellungen. Die Arbeit gestaltet sich interessanter.