18. Februar 15 , 23:50
Kategorie: Panorama, Aktuell, Thema, Bücher, Wissenschaft, Aktuell,
Mensch
Um dies Vertrauen zu erlangen, findet ein Run auf die Köpfe der
potentiellen Patienten und der Ärzte statt, wird mit allen Mitteln in
den Medien geworben, Professoren erheben ihre Stimme als Meinungsführer
und Patientenselbsthilfeorganisationen werden gekauft. Es geht nur um
eins; Medikamente zu verkaufen, und das gelingt hervorragend. Das
hervorragende Gelingen erklärt sich durch die Tatsache, der Patient
gerät durch die Krankheit in einen regressiven Zustand, wo er auf
externe Hilfe geradezu angewiesen ist. Durch die Hoffnung auf Besserung,
die er allein nicht bewerkstelligen kann, die von außen kommen muß, zum
Unterschied von leichteren Erkrankungen, wo er sich mit Hausmittelchen
selbst helfen kann. Auch die Hausmittelchen werden durch die
Pharmawerbung hintertrieben und infrage gestellt, Nur ihre Mittel können
alleine helfen, und die Selbstmedikation wird ebenfalls danach
ausgerichtet. Der Patient hängt am Tropf der Pharmaindustrie. Ihm ergeht
es wie einem Schwerstkranken, dem zu seiner Gesundung jedes Mittel recht
ist, ähnlich wie einem Leistungssportler, dem um der Leistung willen
jedes Mittel wie Doping recht ist.
Jeder Patient weiß, der Arzt zückt als erstes den Rezeptblock. Er will
den Patienten nicht mit leeren Händen fortschicken, und der Patient
fordert es. Dabei sagen die meisten Krankheiten etwas über uns aus, vor
allem die chronischen Volkskrankheiten. In einer inneren und äußeren
unlösbaren Konfliktlage kommen sie sozusagen wie von selbst über uns, es
geschieht mit uns. In uns zu gehen, darüber zu reflektieren, mit anderen
zu sprechen, vor allem mit einem vertrauenswürdigen Arzt, und eine
Lösung zu finden, wird durch das Medikament geradezu verhindert. Ich
weiß, als ich noch am Notdienst teilnahm, 2/3 der Patienten, die den
ärztlichen Notdienst riefen, hatten Angst vor einem schlimmen Verlauf
ihrer Beschwerden. Da reichte es, mit ihnen zu sprechen und sie zu
beruhigen. Allein durch ihre Existenz ist die Pharmaindustrie höchst
unproduktiv, und darüber hinaus durch solch kritische Bücher wird das
Vertrauen der Patienten korrumpiert.
Der Autor beschreibt das organisierte Verbrechen als Geschäftsmodell für
die Pharmariesen. Pharmaunternehmen sprechen nie über die Vor- und
Nachteile ihrer Medikamente, sondern nur über ihre Wirksamkeit und
Ungefährlichkeit. Worte erschaffen, was sie beschreiben, und die
bevorzugte Sprache ist die der Verführung. Dies wird beispielsweise
täglich in der aggressiven Fernsehwerbung illustriert. Sie gaukelt uns
vor, es könne nur gut sein, Medikamente einzunehmen, da sie wirksam und
sicher sein. Ein anderer Grund dafür, dass Patienten und Ärzte ihre
Arzneimittel meist für wirksam und ungefährlich halten, ist der
Irrglaube, die Pharmaindustrie habe diese Präparate sorgfältig getestet
und die Behörden hätten sie vor ihrer Zulassung genau und streng
überprüft. Es ist genau umgekehrt, die Medikamente wurden nicht
sorgfältig getestet und bei der Zulassung nicht streng überprüft.
In einer "Hall of Shame" der Pharmariesen beschreibt er, dass Pfizer
2009 bereit war, 2,3 Milliarden $ zu zahlen, Novartis 2010 423 Millionen
$. Sanofi-Aventis war 2009 bereit wegen Betrug mehr als 95 Million $ zu
zahlen, GlaxoSmithKlein 2011 3 Milliarden, Astra Zeneca 520 Millionen.
Roche überredete Regierungen, Tamifluvorräte anzulegen, was den
Steuerzahler Milliardenbeträge kostete. Johnson&Johnson zahlte 2012
Geldbußen von über 1,1 Milliarden $, Merck zahlte 2007 wegen Betrugs 670
Millionen $, EliLilly zahlte 2009 mehr als 1,4 Milliarden $ wegen
illegaler Vertriebsmethoden. Abbott zahlte 2012 wegen Betrugs 1,5
Milliarden $. Seine Studien belegen das Unternehmen ständig wiederholt
ohne Skrupel gegen Gesetze verstoßen. Todesfälle und schwere
Nebenwirkungen werden einfach in Kauf genommen, und dem Steuerzahler
werden riesige Geldbeträge gestohlen.
Er meint in einem Kapitel, sehr wenig Patienten profitieren von ihren
Medikamenten. In einem weiteren Kapitel spricht er die
Interessenkonflikte der medizinischen Fachzeitschriften an, die
einerseits von der Pharmaindustrie profitieren, allein schon von der
Werbung, andererseits ihrem eigentlichen Auftrag nicht nachkommen
können. Was tun Tausende von Ärzten, die Geld von der Industrie
bekommen? Die Industrie gibt ihnen neue Medikamente, die sie an ihren
Patienten unter Bezahlung ausprobieren und aufschreiben, wie sie wirken.
Die gesammelten Daten werden selten veröffentlicht, ohne Studienplan und
Studienziel, aber die Medikamente deutlich mehr verordnet. Gekaufte
Meinungsmacher geben bezahlte Ratschläge, bilden aus und halten Vorträge
auf gesponserten Kongressen. Unter aggressiven Verkaufsstrategien
schreibt er, klinische Studien sind getarntes Marketing, Ghostwriter und
eine Marketing-Maschine, Befindlichkeitsstörungen wie Sodbrennen zu
Volkskrankheiten zu erheben. Alte Medikamente werden unter geringen
Veränderungen als neu ohne Zusatznutzen zu überteuerten Preisen auf dem
Markt angepriesen. Durch Probepackungen wird der Verkauf multipliziert.
Der Grenzwert des Blutdruckes wird zu niedrig angesetzt, um einen Markt
zu gewinnen und Präparate zusätzlich zu verkaufen.
Er schreibt über die Korruption in Überwachungsbehörden und deren
Interessenskonflikten. Er ist der Meinung, die Psychiatrie ist das
Paradies für die Pharmaindustrie. Prozac und Zyprexa, die
schrecklichsten Medikamente von EliLilly wurden zum Kassenschlager,
wobei klinische Studien Suizide und Suizidversuche verschwiegen. Sein
Fazit zu Psychopharmaka ist, es würde allen viel besser gehen, wenn alle
Psychopharmaka vom Markt verschwänden, weil die Ärzte nicht damit
umgehen können. Es ist unvermeidlich, dass diese Medikamente mehr
schaden als nützen.
Er hält das Gesundheitssystem für so korrupt, dass Menschen, die
kriminelles Handeln der Pharmaunternehmen entlarven, zu Parias werden.
Sie stören den lukrativen Status quo, in denen die Leute in ihrer
Umgebung ordentlich vom Geld der Industrie profitieren: Kollegen, Chefs,
das Krankenhaus, die Universität, die Fachärzte, die Ärztekammer und
einige Politiker. Deswegen überschreibt er ein Kapitel, Einschüchterung,
Drohung und Gewalt zur Verkaufsförderung. Die Ähnlichkeit mit dem
organisierten Verbrechen ist groß. Wer die Profite aus den Straftaten
gefährdet, wird bedroht. Der Unterschied ist nur, dass die Gewalt in der
Pharmaindustrie nicht physischer, sondern psychischer Natur ist, was
ebenfalls verheerende Folgen haben kann. Peter Rost beschrieb, wie es
233 Menschen erging, die Betrug aufdeckten. 90% wurden entlassen oder
degradiert, 27% wurden verklagt, 26% brauchten die Hilfe eines Arztes
oder Psychiaters, 26% flüchteten in den Alkohol, 17% verloren ihr Haus,
15% wurden geschieden, 10% unternahmen Suizidversuche und 8% gingen
bankrott. Trotzdem wollten nur 16% nie wieder Straftaten aufdecken.
Die Märchen der Industrie fliegen auf, überschreibt er ein Kapitel. Die
Märchen der Pharmaindustrie über ihre Aktivitäten und Motive sind so oft
wiederholt worden, dass die Öffentlichkeit, aber auch viele Ärzte und
Politiker sie glauben. Sie hindert uns daran, ein vernünftiges
Gesundheitssystem aufzubauen, frei von Korruption. Diese Märchen
widerlegt er alle. 1. Märchen: Medikamente sind teurer wegen der hohen
Entdeckungs- und Entwicklungskosten. 2. Märchen, wenn wir keine teuren
Medikamente kaufen, kommen die Innovationen zum Erliegen. 3. Märchen:
die Einsparungen sind höher als die Kosten für teure Medikamente. 4.
Märchen: Die Industrie finanziert Studien, die zu wissenschaftlichen
Durchbrüchen führen. 5. Märchen: Pharma-Unternehmen konkurrieren
miteinander in einem freien Markt. 6. Märchen: Öffentlich-private
Partnerschaften nützen den Patienten. 7. Märchen: Arzneimitteltests
haben das Ziel, die Behandlung der Patienten zu verbessern. 8. Märchen:
Wir brauchen viele Medikamente des gleichen Typs, weil Patienten
unterschiedlich darauf ansprechen. 9. Märchen: Verwende keine Generika,
weil ihre Wirksamkeit unterschiedlich ist. 10. Märchen: die Industrie
bezahlt die Fortbildung der Ärzte, weil der Staat das versäumt.
Das Versagen des Systems schreit nach Revolution. Wenn die Gesundheit
der Menschen unser Hauptziel wäre, könnten einige der Milliarden, die
derzeit in teure Medikamente investiert werden, um den
Cholesterinspiegel der besorgten Gesunden zu senken, viel effizienter
angelegt werden. Wir könnten Kampagnen unterstützen, die das Rauchen
bekämpfen, für mehr Bewegung eintreten und die Ernährung verbessern. Das
bedeutet, dass in den Vereinigten Staaten und in Europa Medikamente die
dritthäufigste Ursache nach Herzkrankheiten und Krebs sind.
Wahrscheinlich stirbt noch eine höhere Zahl von Menschen an den
Nebenwirkungen von Medikamenten. Im Krankenhausakten und Berichten von
Rechtsmedizinern werden Todesfälle, die auf verschreibungspflichtige
Medikamente zurückgehen, oft auf natürliche oder unbekannte Ursachen
zurückgeführt, weil die wahre Ursache bisweilen nicht zu ermitteln ist.
Die Anwendung minderwertiger Medikamente gegen Bluthochdruck führt bei
schätzungsweise 40.000 Patienten in den Vereinigten Staaten zu
Herzversagen. Zu der Zeit, als Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen
am häufigsten angewandt wurden, haben sie in den Vereinigten Staaten
wahrscheinlich pro Jahr 50.000 Menschen das Leben gekostet. Bis zum
Jahre 2004 hatte Rofecoxib wahrscheinlich bei rund 120.000 Patienten auf
der ganzen Welt tödliche Thrombosen ausgelöst.
Im Jahr 2004 hatte Celecoxib wird wahrscheinlich bei rund 75.000
Patienten auf der ganzen Welt tödliche Thrombosen ausgelöst. NSARs
(Rheuma- und Schmerzmedikamente) verursachen in Vereinigten Staaten
jedes Jahr wahrscheinlich etwa 20.000 Todesfälle durch Magen- oder
Darmgeschwüre. Bis zum Jahre 2007 hatte Olanzapin wahrscheinlich rund
200.000 Menschen auf der ganzen Welt das Leben gekostet. Hinzu kommen
jedes Jahr Millionen Menschen, die an schweren
Arzneimittelnebenwirkungen leiden und dadurch arbeitsunfähig werden. Es
ist immer schwierig, Todesursachen voneinander zu trennen, da mehrere
Ursachen gleichzeitig vorliegen können. Tabak verursacht viele
Todesfälle durch Herzkrankheiten und Krebs, und wenn wir das Rauchen als
einzelne Ursache betrachten, sterben in den Vereinigten Staaten jährlich
etwa 440.000 Menschen daran. Die Zahl der Menschen, die an Arzneimitteln
sterben, ist also ungefähr halb so hoch wie die Zahl derer, die an Tabak
sterben.
Die Hauptgründe für diese Todesfälle sind zu nachgiebige
Arzneimittelbehörden, Überbehandlungen mit Medikamenten, die Einnahme zu
vieler verschiedener Medikamente gleichzeitig, zu geringes Wissen über
die Gefahren von Arzneimitteln und Tausende von Warnungen, die kein Arzt
im Kopf behalten kann. Menschliches Versagen kommt häufig vor in einem
System, das so kompliziert ist, dass unser Gehirn es nicht bewältigen
kann. Wie viele Medikamente brauchen wir wirklich zu welchem Preis? Wir
vergeuden riesige Geldbeträge für Medikamente, ohne die es den Patienten
besser ginge. Bluthochdruck ist ein gutes Beispiel dafür, dass man nicht
nur die Vorteile der Prävention berücksichtigen darf.
Vorsorgeuntersuchungen haben offenbar keine Vorteile, was Bluthochdruck
anbelangt, aber sie können unerwünschte Folge haben. Eine Studie mit
kanadischen Stahlarbeitern zeigt aus dem Jahre 1984, dass die Arbeiter,
bei denen anlässlich einer Vorsorgeuntersuchung Bluthochdruck
diagnostiziert worden war, mehr Fehlzeiten aufwiesen und größere
Eheprobleme hatten. Zudem verdienen sie im fünften Jahr nach der
Untersuchung 1093 $ weniger als Kollegen, die fünf Jahre zuvor einen
ähnlichen Lohn bekommen hatten.
Gewinnsorientierung ist das falsche Modell. Obwohl die Pharmaindustrie
bereits an Konzern-Fettleibigkeit leidet, wirbt sie intensiv für ihre
Produkte, damit wir noch mehr Medikamente einnehmen. Vier Manager in der
Gesundheits- und Pharmaindustrie gehörten 2010 zu den zehn bestbezahlten
Managern in den Vereinigten Staaten. Jedoch können wir den Studien der
Industrie nicht trauen. Der einfache Grund ist, wir trauen keinem
Menschen, der uns wiederholt belogen hat, selbst wenn's dieser Mensch
manchmal die Wahrheit sagt. Die Pharmaindustrie hat unser Vertrauen
missbraucht und befindet sich in einem gewaltigen Interessenkonflikt.
Zudem suchen die Firmen Wissenschaftler aus, die seit langem mit der
Pharmaindustrie verbunden sind und keine unbequemen Fragen stellen. Der
Industrie zu erlauben, ihre eigenen Medikamente zu testen, ist so, als
dürfte ich in einen Prozess mein eigener Richter sein. Derzeit ist es
üblich, Medikamente zuzulassen, die sich auf Kurzzeitstudien mit nur
500-3000 Patienten stützen, selbst wenn die Medikamente jahrzehntelang
eingenommen werden sollen. Das bereitet Katastrophen den Weg, die wegen
der Kosten für Prozesse und Entschädigungszahlungen sehr teuer sind.
Diese Kosten werden dann auf die Preise der für andere Medikamente
aufgeschlagen. Er fordert, alle klinischen Daten müssen öffentlich
zugänglich sein. Im Allgemeinen ist es sicherer, ein altes Medikamente
einzunehmen, da viele neue Medikamente später wegen Sicherheitsproblemen
vom Markt genommen werden.
Er fordert, Ärzte mit finanziellen Verbindungen zu Pharma-Unternehmen
sollten nicht in Arzneimittel- oder Leitlinienausschüssen vertreten
sein, weder in Behörden noch in Krankenhäusern, Facharztverbänden oder
anderswo. Das war beispielsweise unverkennbar, als die Schädlichkeit von
Hormontherapie bei Frauen in der Menopause nachgewiesen wurde.
Veröffentlichte Gerichtsakten belegen, dass Wyeth von Ghostwritern
Artikel schreiben ließ, in dem behauptet wurde, Hormone seien gut für
zahlreiche Beschwerden, und die in sehr einflussreichen
Fachzeitschriften gedruckt wurden. Die dort genannten fachkundigen
Autoren hatten wenig oder nichts zu den Artikeln beigetragen. Keiner
dieser Artikel wurde zurückgezogen, obwohl sie äußerst irreführend sind.
Einige Beispiele: Besteht ein Zusammenhang zwischen der
Hormonersatztherapie und Brustkrebs? Ja, sie verursacht Brustkrebs. Die
Bedeutung der Homonersatztherapie bei der Prävention von
postmenopausalen Herzerkrankungen? Sie hat keine Bedeutung, weil sie
Brustkrebs verursacht. Die Bedeutung der Hormonersatztherapie bei der
Prävention von Alzheimer-Krankheit? Sie hat keine Bedeutung, weil sie
das Risiko erhöht, an Alzheimer zu erkranken.
Sehr vielen Patienten kommt es nicht in den Sinn, dass ihr schlechter
Zustand möglicherweise auf die Tabletten zurückzuführen ist, und ihren
Ärzten auch nicht, dass die neuen Symptome Nebenwirkungen des ersten
Medikamente sein könnten und verschreiben daher ein zweites gegen die
Symptome - usw. Beispielsweise verlor ein äußerst produktiver Autor mit
einem Mal jegliches Interesse an seinem geschäftigen Leben, bis ihm
einfiel, dass der Betablocker einnahm, und seine Ärzte vergessen hatten,
ihm zu sagen, dass sie Depressionen auslösen können. Als er das Mittel
absetzte, wurde er wieder er selbst. Die Pharmaindustrie und ihre
bezahlten Ärzte lassen nicht einmal junge, starke Menschen in Ruhe.
Wissenschaftler, die die europäischen Leitlinien für
Herz-Kreislauf-Krankheiten auf die norwegische Bevölkerung anwandten,
stellten fest, dass das Risiko, im Alter von 40 Jahren an einer solchen
Krankheit zu leiden, bei 86 % der Männer hoch war. Die Norweger gehören
zu den langlebigsten Menschen der Welt, das ist die Ironie. Eine andere
Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Hälfte der Norweger im Alter von 24
Jahren einen erhöhten Cholesterinspiegel oder Blutdruck aufweist, der
nach Ansicht von Ärzten behandelt werden muss.
Das Literaturverzeichnis umfasst 59 Seiten und das Stichwortverzeichnis
zehn Seiten. Ich habe nur einige Auszüge des Buches bringen können. Ein
interessierter Leser, dem ich das Buch sehr ans Herz lege, wird darin
noch viele, teils witzige Anekdoten, Beispiele und Sachverhalte finden
und viel lernen. Man kann es kaum glauben, und das Buch ist sehr
deprimierend.
Ich sehe die Ursache für dieses dargelegte Übel in dem neoliberalen
System, das der Profitgier Tür und Tor offen lässt. Die Volksgesundheit
ist ein so wichtiges Gut, dass sie nicht alleine gewinn orientierten
Konzernen überlassen werden sollte. Zumindest müssten die
Überwachungsbehörden besser funktionieren. Das ist staatlicherseits
durch Gesetze zu kontrollieren. Medikamente sind wichtig, und das
Vertrauen in die Herstellung und in die Ärzte ist schon die halbe Miete
der positiven Wirkung. Jedoch ist der Markt auch für die Ärzte
unübersehbar. Das wird von den Konzernen ausgenutzt, und sie machen ihn
noch unüberschaubarer.
Die Patienten wissen das. Laut Studien wird die Hälfte aller Medikamente
in den Müll geschmissen, vor allem, wenn sie im Beipackzettel die Latte
von Nebenwirkungen nachlesen, die sie sich nicht antun wollen. Das
heißt, sie glauben an die Nebenwirkungen und, Glaube versetzt Berge, sie
treten u. U. tatsächlich auf. Daran verdient die Industrie auch noch.
Man stelle sich vor, es wird nur die Hälfte gekauft, die tatsächlich
eingenommen wird. Die Industrie würde zusammenbrechen. Also muß der
Patient zur Erhaltung seiner Gesundheit und der Industrie die
Medikamente wegwerfen. Einerseits herrscht eine Medikamentengläubigkeit,
der Placeboeffekt, die Umsätze der Industrie steigen jährlich,
andererseits ein massives Misstrauen, der Nozeboeffekt, und Ärzte und
Patienten schwanken hin und her. Der Mensch möchte souverän über sich
sein, Unbekanntes macht vielfach Angst, ob die Medikamente helfen oder
nicht, ja geradezu schädlich sind, wie die Fremdenangst und der -haß
zeigt.
Zum Schluss möchte ich noch ein kleines Beispiel von mir selbst
erzählen. Ich war in der Jugend von meiner Mutter auf Herzkrankheiten
gehoben worden. Sie schickte mich mit 16 zu Kuren und ließ mich nicht
an einer Radtour teilnehmen. Als ich Anfang 20 bei mir eine leichte
Gelbsucht entdeckte, beunruhigte mich bei der ärztlichen Untersuchung
vor allem ein betonter zweiter Aortenton. Ich wälzte sämtliche
Fachliteratur, konnte aber nichts darin finden. Die Gelbsucht war ein
paar Jahre später abgeklungen. Ende 20, als ich selber EKGs auswertete,
ließ ich auch eines von mir machen. Das Ergebnis war laut EKG eine
erhebliche Koronarsklerose, trotz voller Leistungsfähigkeit. Der
EKG-Befund verschwand nach ein einigen Jahren. Anfang 50, berichtete ich
meinem Internisten von Herzkrämpfen und -stichen. Er meinte wegwerfend
"das kommt von der Wirbelsäule!". Das beruhigte mich dermaßen, die
Beschwerden lagen nicht am Herzen. Die beruhigende Wirkung hielt an,
indem seine beruhigenden Worte mir immer wieder in den Sinn kamen, dass
ich trotz besseren Wissens keine Herzbeschwerden mehr bekam.
Als ich mit 50 14 Tage nach einem Ironman einen Mitteltriathlon machen
wollte, bekam meine Mutter Angst um mich, da ihr Vater und ihre beiden
Brüder im gleichen Alter gestorben waren. Heute mit über 70 ist mein
Herz trotz Rauchens gesund und kein pathologischer EKG-Befund mehr
festzustellen. Meine Mutter befand sich lange wegen des Herzens in
Behandlung, sie hatte nicht das Glück wie ich. Für manche Ärzte sind die
Herzängste ein gefundenes Fressen. Ich selbst stellte bei ihr einen
Linksschenkelblock fest, der für eine erhebliche Herzerkrankung sprach.
Dieser Befund verschwand wieder, und sie ist nicht am Herzen im hohen
Alter gestorben.
Das zu Befunden, den Ängsten und der transgenerationellen
Familienperspektive aufgrund früherer Todesfälle. Die Krankheiten kamen
aus Ecken, an die ich vorher nicht im entferntesten gedacht habe. Ich
will damit sagen, viele Krankheiten kommen und vergehen wie z.B.
Erkältungskrankheiten. Man darf sich nur nicht zu sehr beunruhigen
lassen. Wenn man dann in die Medizinmaschinerie gerät, allzu
medizingläubig ist, dann gute Nacht. Mein Doktorvater wolle mir sogar
die Milz wegen der Gelbsucht herausnehmen.
Die Industrie schoß unter "Pharma-Fakten.de"
natürlich gleich gegen das Buch.
Ein interessanter Beitrag zum Buch:
http://harald-walach.de/2014/06/03/toedliche-medikamente-die-pharmaindustrie-als-organisiertes-verbrechen
* * *
Götzsche, Peter C., Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität,
Wie die Pharmaindustrie unser Gesundheitswesen korrumpiert, Verlag: riva,
ISBN: 978-3-86883-438-3, Preis: 24,99 EUR [D]
Eine Artikel zur Pharmaindustrie: „Ein Volk auf Droge – 20 Jahre
Glückspille Prozac – ein gelungenes oder zweifelhaftes Jubiläum“
www.bholstiege.de/weltexpress/prozac.htm