Kastanien, Weine, französische Küche, weiße Felswände, grüne Flüsse und Dörfer mit Charme und Charakter

 

Serie: Impressionen von der Ardèche (Teil 1/3)

 

Die Ardèche besteht nicht nur aus Kanufahren und Paddeln  - das müsste ich machen, assoziierten sofort alle Bekannten, als ich ihnen von einer bevorstehenden Ardeche-Tour erzählte. Aber das ist längst nicht alles. Denn in einer uralten Kulturlandschaft gibt es auch für Gourmetfreunde vorzügliches Essen, man kann speisen „wie Gott in Frankreich“, herausragend dabei die Spezialität der

Esskastanien in den verschiedensten Formen, hervorragende Weine, Dörfer mit Charme und Charakter, eine romantische Landschaft mit Esskastanien- und Olivenwäldern und hoch aufragenden weißen Felsen und speziell für Motorrad- und Radfahrer: Kurven über Kurven.

 

Das Angebot von Jochen Ehlers von Endurofantours in Zusammenarbeit mit Emanuelle Istier vom Fremdenverkehrsverband der Ardèche zu einer Pressereise auf dem Motorrad zum Kennenlernen des Departements Ardèche nehmen wir deswegen mit Interesse und Vorfreude an, wobei das Motorrad in einem weiteren Artikel über das Fahren auf der Honda die Hauptrolle spielt.  Mit dem Motorrad lässt sich leicht die Gegend erkunden, mal beschaulich, um die Gerüche, den Duft und die Landschaft, mal zügig, um den Rausch der Kurven zu genießen, und man kann es auch einmal stehen lassen, um zu Fuß Einzelheiten zu begutachten und Photos zu schießen. Da wir schon einen Tag vor dem Start zur Rundreise an Ort und Stelle sind, übernachten wir im Hotel de l’Europe in Joyeuse, einem eher einfachen Hotel, in dem wir am Abend neben einem guten Rotwein uns ganz frankreichuntypisch auf eine Pizza stürzen, ausgesprochen lecker. Die malerische Gemeinde mit etwa 1 545 Einwohnern liegt in einem breiten Tal am Fluss. Nördlich schließt sich eine Gebirgskette an, südlich von Joyeuse bricht die Beaume durch eine Karstlandschaft ins Ardèchetal durch. Zufällig können wir einen Wochenmarkt besuchen, in dem die reizvollen Früchte der Umgebung angeboten werden. Ein kurzer Rundgang mit kleinen Kostproben mußte uns genügen, wir hätten ja auch nicht viel Platz zum Mitnehmen auf den Motorrädern gehabt.

 

Das Département Ardèche ist landschaftlich zweigeteilt. Sein Name ist von einem nur 120 km langen Flüsschen hergeleitet, das sich 30 km, in eine Kalk- und Karstlandschaft eingebettet, durch einen Canyon mit bis zu 350 m hohen Felswänden, den Gorges de l’ Ardèche, schlängelt, für Kanusportler ein beliebtes Ziel. Der nördliche Teil besteht aus einer Gebirgslandschaft, die bis 1700 m. über dem Meer liegt. Hier oben lebt man hauptsächlich von der Landwirtschaft, das heißt Viehzucht und unter ihnen viele Schafe. Daher wird dieser Teil der Ardèche das Butterland genannt. Auch gibt es dort weitreichende Tannenwälder. Der südliche Teil ist durch die Gorges de l'Ardèche geprägt, dessen Berge und Hochplateaus auf maximal 500 m NN liegen. Es herrscht mildes Klima mit moderaten Winter- und Sommerperioden, bei entsprechender Wetterlage  - wie in diesem Sommer - mit kurzen aber heftigen Gewittern, die große Überschwemmungen mit sich bringen können. Daher werden im Süden Weinreben, Oliven und Früchte wie Pfirsiche und Kirschen angebaut. Der Süden ist durchsetzt mit abrupten Tälern entlang den Flußläufen mit steilen, bewaldeten Wänden, großen Eichenwäldern mit zahlreichen Wildschweinen. Dort gibt es keine hohen Berge, sondern eher flache, bewaldete Hügel. Man findet hier über tausend Grotten und Tropfsteinhöhlen, die hunderte von Metern in die Tiefe reichen, die „Avens“,. In der Chauvet-Höhle, die erst 1994 entdeckt wurde, gibt es 32 000 Jahre alte Wandmalereien zu bewundern,  die ältesten derzeit bekannten, mit erstmalig dort nachgewiesenen ausgestorbenen Tierarten.

 

Am nächsten Tag folgen wir neben einigen Abwegen auf kleinsten Sträßchen, wo wir in einem abgelegenen malerischen Tal einen Bauern mit urigen Motorrad-Oldtimern besuchen, laut Jochen ein Geheimtip, der uns diese stolz vorführt, oder von einem Restaurant einen weiten Blick bis zu den Alpen und auf den herausragenden Mont Ventou genießen, flussaufwärts der Baume über St. Laurant Les Bains bis auf den Col de Meyrano und über den Kamm, eine karstige Landschaft der Montagne d’ Ardèche, in das schöne Städtchen Jaujac. Auf dem Gipfel des Col treffen wir drei Rennradfahrer, Triathleten aus der Gegend von Leipzig. Jaujac gehört zu den vierzehn Städtchen der „village de charakter“. Es liegt malerisch vor der Kulisse der Cevennen. Anschließend fahren wir in die Nähe von Largentiere zu unserem ersten Etappenhotel, dem Domaine de l’ eau vive de Roubreau.

 

Dieses liegt in einem engen Seitental auf dem Weg zur Burg Montreal. Beim Einbiegen in das Tal können wir hoch oben die Burg bewundern. Das Hotel ist in einer ehemaligen Seidenspinnerei untergebracht. Reste der Spinnapparatur sind über mehrere Räume führend im Restaurant zu bewundern.  Die größte Seidenproduktion Europas lag bis zum Ende des ersten Weltkrieges in dieser Region, dann verdrängte Importseide aus China die französische Seide zunehmend von den Märkten. Daher gibt es in diesem Gebiet heute noch sehr viele Maulbeerbäume. Die Managerin Sabine empfängt uns mit einem Kastanienbier. Sie zeigt uns im engen, kleinen Fluß ein Naturschwimmbad, das ich unbedingt mal zu einem kurzen Schwimmtraining ausprobieren muß. Am Abend können wir uns bei einem Überraschungsmenu, einer Langustenterrine mit Safrangemüse, einer Juliapastete, einer Lammkeule im Briochemantel und einer warmen Apfeltorte mit Maronenbutter oder einem Vanille-, Erdbeer- und Pistazieneis in der Hippentulpe und bestem Wein der Region endlich wie Gott in Frankreich fühlen.

 

Largentiere liegt in einem engen Tal der Ligne. Schon die Römer bauten im Lignetal Blei und Silber ab, daher stammt der Name des Ortes. Die teilweise heute noch sichtbaren Minen wurden hauptsächlich zwischen dem 9. und 15. Jahrhundert genutzt. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Largentière zu einer industriell geprägten Stadt mit einem eigenen Bahnanschluss. 1982 wurde die Bahn stillgelegt und der Ort verlor an Bedeutung. Das Schloss aus dem 13. Jahrhundert überragt den Ort, heute ist dort ein Sanatorium untergebracht. Die hübschen Häuser im Ortskern mit seinen oft nur einen Meter breiten Gassen wirken zum Teil verfallen und unbewohnt. Durch die Landflucht infolge Arbeitslosigkeit in den letzten hundert Jahren sind viele Dörfer entvölkert und verfallen. Erst seit den 80er Jahren haben wieder viele, vor allem junge Familien zurückgefunden und bringen wieder Leben. Am nächsten Morgen fahren wir zurück nach Jeyeuse ins Museum der Edelkastanie, dem Musee de la Chataigneraie, durch das uns Ulla Falke, eine Deutsche, die dort seit 30 Jahren lebt, in für uns faszinierender Weise führt, worauf wir noch eingehen.

 

Die „Villages de Charaktere“: Sechzehn kleine, früher herunter gekommene Orte mit historischer Substanz haben sich zu einer Gemeinschaft zusammen getan, wurden renoviert und bilden heute eine Touristenattraktion. Sie klammern sich an die Berge oder schmiegen sich in die Flusstäler. Alle haben ein eng bebautes Zentrum und pflegen ihre Traditionen und heitere Lebensart. Sie möchten ihr Erbgut mehr denn je herausputzen und jedermann zugänglich machen. Leider sind viele Häuser zu Ferienhäusern ausgebaut, so daß jetzt außerhalb der Saison die Dörfer recht leer wirken und sich nur einige Touristen, teils in Bussen kommend, hierher verirren.

 

Wir besuchen als erstes Labeaume und nehmen dort in malerischer Kulisse ein köstliches Mittagessen ein, eine Brokkolirahmsuppe mit Austern, einer Schweinelende mit Honigfüllung und Früchten in Honiggelee. Labeaume gilt mit seinen steilen Felsen, seinen üppigen Terrassengärten, Hühnengräbern und seinem Musikfestival als eines der schönsten Dörfer Frankreichs. Sehenswert sind der historische Dorfkern am Flussufer und die alte Steinbrücke über die Beaume. Frisch gestärkt, aber mit nur mäßigem Weingenuß, besuchen wir auf der Weiterfahrt entlang den malerischen, in den Fels aus Kalksandstein gebrochenen „Defiles de Ruoms“ in Ruoms das Weinmuseum „Vinimage“, über das wir ebenfalls noch berichten werden. Bei Ruoms gibt es Kalksteinbrüche, aus einem wurde der Sockel der Freiheitsstatue von New York gewonnen.

 

Unsere Reise führt uns über weitere malerische „Villages de charaktere“ wie Balazuc, Vogüe, Villeneuv de Berg bis nach St. Pons, wo wir auf einem kleinen Sträßchen unser nächstes Übernachtungsziel, das Hotel-Restaurant „La Mere Biquette“, erreichen. Dies Hotel liegt in einem Seitental, für uns Motorradfahrer über ein kleines, langes, kurvenreiches Sträßchen erreichbar, und gewährt über einen idyllischen Garten hinweg einen weiten Blick ins Ardèchegebiet. Ich selbst muß einen neugierigen Blick auf ein Hühnergehege werfen, da ich selbst Hühner mitten in Frankfurt halte, in einem Villenviertel, wo sich infolge der Weiträumigkeit keine Nachbarn über das Gegackere und Krähen beklagen, eher heißt es, „das schaffe eine ländliche Athmosphäre“.

 

Balazuc gilt als einer der schönsten Orte und als sarazenische Gründung - Die Sarazenen, arabische, islamische Eroberer, breiteten ihr Reich im achten Jahrhundert über Nordafrika, Spanien bis nach Südfrankreich aus -. Es liegt malerisch auf einem Felsvorsprung oberhalb des Ardèchetales. Die ehemals von einer Ringmauer geschützten Häuser und verschlungenen und steilen Gassen gruppieren sich um eine Burg, von der ein Teil des Turmes noch aus dem 10. Jahrhundert stammt.

Vogüe zählt mit seinen hellen Steinhäusern und rosafarbenen Ziegeldächern wiederum zu einem der schönsten Dörfer Frankreichs und liegt an der Ardèche, wie ein Amphitheater sich an das Ufer anschmiegend, am Fuße einer Steilwand aus Kalkgestein mit ockerfarbenen Maserungen, beherrscht von dem Chateau de Vogüe, eine restaurierte Festung aus dem 17. Jahrhundert. Die Herren von Vogüe waren einst die mächtigsten des Viverais. Ganz Vogüe wurde aus dem gleichen Stein erbaut, so daß das Dorf mit seinen südfranzösisch warmen Farben architektonisch geschlossen wirkt. Arkaden und Treppen beleben die Gassen. Einschließlich der malerischen alten Steinbrücke als einzigem Zugang, machen wir schöne Photos mit unseren Motorrädern.

 

Im La Mere Biquette genießen wir wiederum ein vorzügliches Abendessen mit französischer Zwiebelsuppe oder Fischsuppe, der berühmten Bouillabaisse, einem Geflügelsalat mit Sesam, gefüllter Poulardenbrust oder gebratenen Wachteln mit Gemüseplätzchen und einem Zitronenmousse oder einem Weißweinsorbet mit Karamelbirnen und können dem Ardèchewein reichlich zusprechen, denn wir müssen nicht am gleichen Tag weiter fahren. Die Fortsetzung der Reise wird im nächsten Teil beschreiben.

 

Mit freundlicher Unterstützung durch den Fremdenverkehrsverband Ardèche und die kompetente Führung durch Jochen Ehlers.

 

Info:  www.endurofuntours.com

ENDUROFUN Tours, Postfach 43, 25710 Burg / Dithmarschen

Tel.: 0049 - 0 48 25 / 16 95

 
www.1000ps.de/reisestories-2339788-Offroad_in_Ardeche
Termine :09.11.-14.11.08
         25.01.-30.01.09
         22.02.-27.02.09
         22.03.-27.03.09

 

Informationen zum Gebiet bei:  Ardèche Tourisme,  4, cours du Palais,  F-07000 Privas

Tel. +33 4 75 64 04 66     Fax : +33 4 75 64 23 93

Deutschsprachiger Kontakt :

emmanuelle.istier@ardeche-guide.com

www.ardeche-guide.com

 

Das Hotel unserer ersten und letzten Übernachtungen  www.domaineeauvive.com

Das Hotel unserer zweiten Übernachtung  www.merebiquette.fr

Das Kastanienmuseum in Joyeuse   http://www.pays-beaumedrobie.com/fr/musee-chataign/all-accueil-chataigne.php

Das Weinmuseum in Ruoms  www.vinimage.tm.fr

Der Winzer in Valvignères, der uns in fast perfekter deutscher Sprache durch sein Weingut führte. Die  sehenswerte, bilderreiche Webseite ist in deutscher Sprache gestaltet. http://www.masdintras.fr/00_accueils/00_de/00_01_accueil.htm

 

 

Autor: Bernd Holstiege

E-Mail: bernd.holstiege@weltexpress.info

Abfassungsdatum: 11.11. 2008

Verwertung: Weltexpress

Quelle: www.weltexpress.info

Update: Berlin, 11.11. 2008