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29. August 10 , 20:50
Düfte und Geschmack des Südens - Serie: Eine Motorradreise durch das Département Ardèche (1/2)
Frankfurt am Main (Weltexpress) - Vor knapp zwei Jahren hatte ich schon
einmal mit Begeisterung eine Motorradpressereise in das Departement Ardèche im
September in der Nachsaison erlebt. Damals stand sie unter dem Motto der
Gourmetfreuden, den "Villages de Charaktere", den Weinen und den Esskastanien.
Deswegen nahm ich gerne eine erneute Einladung von Jochen Ehlers von
Endurofantours in Zusammenarbeit mit dem Fremdenverkehrsverband Ardèche im Juni
in der Vorsaison an. Diesmal stand sie unter dem Motto "Ardèche - Düfte und
Geschmack des Südens". Von den Düften lernten wir vor allem den Lavendel und vom
Geschmack die Speisen und Weine kennen. Vor- und Nachsaison sind für eine Reise
in den Süden Frankreichs am empfehlenswertesten, da es nicht so heiß ist und
nicht so viele Touristen unterwegs sind.
Die Ardèche besteht nicht nur aus Kanufahren und Paddeln - das müsste
ich machen, assoziierten sofort alle Bekannten, als ich ihnen von einer
bevorstehenden Ardèche-Tour erzählte. Denn in dieser uralten Kulturlandschaft
gibt es auch für Gourmetfreunde vorzügliches Essen, man kann speisen „wie Gott
in Frankreich“, herausragend dabei die Spezialität der Esskastanien in den
verschiedensten Formen, hervorragende Weine, Dörfer mit Charme und Charakter,
eine romantische Landschaft mit Esskastanien- und Olivenwäldern, Weinberge,
blaue Lavendelfelder und roten Klatschmohn, hoch aufragende weiße Felsen an den
Flüssen und speziell für Motorrad- und Radfahrer Kurven über Kurven.
Motorradfahrer sind häufig nicht mehr "arme Leute", sondern gut betucht und
ausgabefreudig, lieben das gute Essen - aus medizinischer Sicht sind auch
deswegen viele ältere Motorradfahrer übergewichtig und haben Diabetes, der
Bewegungshunger besteht überwiegend im Drehen des Gashebels - und lieben vor
allem Fahrspaß. Auch soll die Kultur nicht zu kurz kommen, das ist das Motto von
Jochen Ehlers, und davon hat die Ardèche reichlich genug. Deswegen sind
Motorradfahrer eine interessante Zielgruppe.
Das Département Ardèche ist landschaftlich zweigeteilt. Sein Name ist von einem
nur 120 km langen Flüsschen hergeleitet, das sich 30 km, in eine Kalk- und
Karstlandschaft eingebettet, durch einen Canyon mit bis zu 350 m hohen
Felswänden, den Gorges de l’ Ardèche, schlängelt, für Kanusportler ein beliebtes
Ziel. Der nördliche Teil besteht aus einer Gebirgslandschaft, die bis 1700 m
über dem Meer liegt. Hier oben lebt man hauptsächlich von der Landwirtschaft,
das heißt Viehzucht und unter ihnen viele Schafe. Daher wird dieser Teil der
Ardèche das Butterland genannt. Auch gibt es dort weitreichende Tannenwälder,
und manchmal kann der Schnee so hoch sein, dass sogar Wildschweine über die
Hausdächer laufen. Der südliche Teil ist durch die Gorges de l'Ardèche geprägt,
dessen Berge und Hochplateaus auf maximal 500 m NN liegen. Es herrscht mildes,
mediteranes Klima mit moderaten Winter- und Sommerperioden. Daher werden im
Süden Weinreben, Oliven und Früchte wie Pfirsiche und Kirschen angebaut.
Der Süden ist durchsetzt mit abrupten Tälern entlang den Flussläufen mit
steilen, bewaldeten Wänden, großen Eichenwäldern mit zahlreichen Wildschweinen.
Dort gibt es keine hohen Berge, sondern eher flache, bewaldete Hügel. Man findet
hier über tausend Grotten und Tropfsteinhöhlen, die hunderte von Metern in die
Tiefe reichen, die „Avens“,. In der Chauvet-Höhle, die erst 1994 entdeckt wurde,
gibt es 32 000 Jahre alte Wandmalereien zu bewundern, die ältesten derzeit
bekannten, mit erstmalig dort nachgewiesenen ausgestorbenen Tierarten.
Da ich erst am Mittag abgefahren war, gelangte ich bis Baume-les-Dames, einem
romantischen Städtchen östlich von Besancon, am Ufer der Doubs zwischen dem Jura
und den Vogesen, quartierte mich in einem Hotel ein, wo ich gleich einen
Kanadier, einen Architekten, kennen lernte, der von den Vogesen bis nach Rom
wandern wollte. Auch andere Wanderer und Fahrradtouristen waren dort. Die Gegend
der Doubs ist auch ein schönes Urlaubsgebiet. Nach einundeinhalb Tagen Anreise
mit der geliehenen Kawasaki Versys (siehe Testbericht) und da ich noch genügend
Zeit hatte, machte ich einen Bummel am rechten Ufer der Rhone und Aufnahmen
eines kleinen Yachthafens vor gigantischen Kühltürmen eines Kernkraftwerks in
Cruas nördlich von Montelimar. Auch das gehört zu Frankreich. Dahinter ragten
die Flanken von riesigen Kalksteinbrüchen hervor, aus denen das Material für
eine uraltes Benediktinerkloster und seine Wehrkirche gewonnen war, bekannt für
sein byzantinisches Mosaik, das an den Besuch eines Papstes im 11. Jahrhundert
erinnert.
Die von Jochen geführte Gruppe traf sich im Hotel-Restaurant Relais du Viverais
in Viviers. Viviers ist eine mittelalterlich geprägte Stadt am rechten Ufer der
Rhone, südlich von Montélimar, Hauptstadt des Viverais und seit dem 5.
Jahrhundert als Sitz der Diözese Viviers ein wichtiges religiöses Zentrum. Neben
mir bestand die Gruppe aus zwei Schweinfurtern, Thiess und Norbert, die BMW
fuhren, einem Hamburger, Walter auf seiner Motoguzzi, der schon Solarmobilrennen
gefahren war und auch sonst viel Interessantes aus der alternativen Szene zu
erzählen hatte und für die Bahn schreibt, und Thomas aus der Nähe von Stuttgart,
dem Photographen, der sich ebenfalls eine Versys geliehen hatte. Er machte vor
allem Photos und Videos beim Motorradfahren. Walter erzählte von seiner
abenteuerlichen Hinreise. Er hatte sich in Offenbach eine Honda geliehen, wollte
von Neu-Isenburg mit dem Autoreiszug fahren, aber da in Frankreich gestreikt
wurde, gab er sie zurück, fuhr er kurzerhand nach Hamburg zurück, um es dann
erfolgreich mit seiner eigenen Maschine nochmals zu versuchen.
Hinzu kamen vier Engländer, dabei zwei Frauen, indisch und italienisch stämmig.
Eine Bereicherung war die Flirtathmosphäre zu den beiden recht attraktiven
Frauen, vor allem abends nach dem Weingenuss. Die Engländer fuhren nicht
Motorrad und trafen mit dem PKW bei den jeweiligen Treffpunkten und
Besichtigungen ein. Wegen der Engländer/innen waren die Führungen in englisch,
für mich ein Problem. Nach den Vorstellungen, zu denen sich noch die
Fremdenverkehrsleiterin und Denis vom Weingut Mas d'Intras, das wir noch
besichtigen sollten, gesellten, genossen wir als eines der Hauptthemen der
Region, das des Geschmackes, ein vorzügliches Abendessen mit bestem Wein.
Am nächsten Tag besuchten wir nach einer kurvenreichen Fahrt zuerst eines der 16
Charakterdörfer, nämlich Saint-Montan, ein urwüchsiges, mittelalterliches Dorf,
das auf einem Felsabsatz in den außergewöhnlich schönen, dörren und felsigen
Sainte-Baume-Schluchten liegt und das von den Ruinen seiner Burg beinahe
erdrückt zu werden scheint und noch höheren Felsen überragt wird, ein Dorado für
Kletterer. Der Einsiedler Montanus soll im 5. Jahrhundert in dieses abgelegene
Tal gekommen sein, um Einsamkeit und innere Ruhe zu finden. Heute bewunderten
wir die alten Häuser mit ockerfarbenem Gemäuer und mattroten Ziegeldächern, die
die gepflasterten Gassen mit überwölbten Durchgängen und Treppchen säumen. Wir
mußten unsere ganzen Fahrkünste aufbieten, um per Krad durch die engen Gassen zu
kommen. Einige Künstler haben es sich als Domizil gewählt.
Weiter fuhren wir in Richtung Bourg St. Andeol zu unserem nächsten Etappenziel
nach Notre Dame de Cousignac. Raphael Pommier kam noch in Arbeitskleidung von
seinem Weinberg und erzählte uns stolz in englisch von der Geschichte seines
Weingutes, das in der siebten Generation in Familiebesitz ist. Vorher hatte uns
schon seine amerikanische Ehefrau aus Pennsylvania einen Ardèchewein eigener
Produktion serviert. Ihre drei Kinder waren in den zwei Jahren nach dem letzten
Besuch ganz schon groß geworden.
Ebenso stolz führte er uns zu einer Kapelle, die in der französischen
Revolution, als Land von der Kirche an Bauern verteilt wurde, in den
Familienbesitz übergegangen war, später an die Kirche zurück gegeben wurde, und
von der er noch heute einen Schlüssel besitzt. Nach ihr ist das Weingut benannt.
So früh im Jahr konnten wir die Weinberge nur besichtigen, aber nicht die süßen
Trauben genießen. Neben kleinen Weinproben kredenzt er uns ein schmackhaftes und
liebevoll zubereitetes Mittagessen im Freien mit einem weitreichendem Blick über
abfallende Weinberge gegen Süden und Südosten. Vor zwei Jahren hatten wir hier
stilvoll übernachtet.
Wir fuhren weiter über Bourg St. Andeol, kurvten durch das hübsche Städtchen und
anschließend durch eine Karstlandschaft in Richtung Ardèche, weiter hoch über
der tiefen Schlucht die kurvenreiche Panoramastraße in Richtung Vallon Pont
d’Arc. Am Eingang und Ausgang des Tales gibt es viele Kanuverleihe, aber in der
frühen Saison nur wenige Kanupaddler. Viele Aussichtpunkte gewährten
schwindelerregende Ein- und Ausblicke in die Schlucht, in der Saison wäre wohl
kaum ein Parkplatz frei gewesen, jetzt aber war genügend vorhanden.
Der schönste Ausblick am Ende der Panoramastraße ist auf den weltberühmten Pont
d’Arc, eine 34 m hohen Felsbrücke, die früher begehbar war. Diese Panoramastraße
ist für Motorradkurvenjäger und Knieschleifer das reinste Paradies, wobei ich
meine fahrtechnische Unterlegenheit anerkennen mußte. Leider blieb für die
Besichtigung der Madeleine Höhle keine Zeit.
Am Nachmittag besichtigten wir das Lavendel-Museum in Saint-Remèze. Dort
erfuhren wir vieles über die Geschichte des Lavendel, konnten Apparate zur
Destillation bewundern und verschiedene Lavendelarten in kleinen Feldern
unterscheiden. In Heidegebieten zwischen 200 und 600 m gedeiht auf den
Hochflächen der Ardèche echter Lavendel mit einem starken Kampfergehalt (deshalb
die Verwendung in der Heilkunde), während der feine Lavendel Höhen zwischen 500
und 1 400 m vorzieht. Aus diesen Lavendelarten entstand durch die Befruchtung
der Bienen die Hybridpflanze Lavandin. Die fleißigen Insekten sind weiterhin für
den unvergleichlichen Lavendelhonig verantwortlich, das wohl wichtigste
Nebenprodukt des Lavendels. Früher wurde er mit der Sense, heute industriell
gewonnen. Neben Thymian, Salbei, Estragon und Rosmarin ist Lavendel für die
Duftnote des Südens berühmt.
Info:
ENDUROFUN Tours, Postfach 43, 25710 Burg / Dithmarschen,
Tel.: 0049 - 0 48 25 / 16 95. Es werden geführte On- und Offroadreisen
angeboten. www.endurofuntours.com
Informationen zum Gebiet: www.ardeche-guide.com, Ardèche Tourisme, 4, cours du
Palais, F-07000 Privas, Tel. +33 4 75 64 04 66 Fax : +33 4 75 64 23 93
Hôtel-Restaurant Relais du Vivarais, Mrs Michèle Matraire, 31 Faubourg des
Sautelles, 07220 Viviers, Tel +33 (0)4 75 52 60 41, www.relaisduvivarais.fr,
relais.viviers@wanadoo.fr
Domaine Notre-Dame de Cousignac, Mr Raphaël Pommier, Cousignac, 07700
Bourg-St-Andéol, Tel +33 475 54 61 41,
www.notre-dame-de-cousignac.com, ndcousignac@wanadoo.fr
Das Weingut von Denis und Emmanuell Robert in Valvignères, www.masdintras.fr
Lavendelmuseum Musée de la lavand Distillerie, 07700 Saint-Remèze, Tel, +33(0)4
75 04 37 26, www.ardechelavandes.com
Mas de l’Espaïre, Mr Blanc, Bois de Païolive, 07140 Les Vans, Tel +33 (0)4 75 94
95 01, www.hotel-espaire.com, espaire@wanadoo.fr
Esskastanienmuseum, Musée de la Châtaigneraie, 07260 Joyeuse, Tel +33 475 39 90
66, musee-chataigneraie@pays-beaumedrobie.com
Le Bec Figue, Place de l’Eglise, 07120 Labeaume, Tel +33 475 35 13 32, http://www.bistrotdepays.com/
spip.php?page=bistrot&id_rubrique=266
Hôtel Restaurant le Chêne Vert, Mr Jacquet, 07110 Rocher, Tel +33 (0)4 75 88 34
02, www.hotellechenevert.com, contact@hotellechenevert.com
La Table de Moulin, Celine Vincent, Bres, 07230 Payzac, Tel. +33 (0)4 75 35 99
Von Bernd Holstiege