Der Doping-Skandal: Beim Team Telekom wurde flächendeckend gedopt.

Doppelmoral im (Doping)Spitzensport

Erik Zabel (l) und Rolf Aldag haben gedopt.

 

Frankfurt am Main (Weltexpress) - Ein teures Versprechen – überschreibt die Frankfurter Rundschau am 20.Juni 2007 die Nachricht, dass der Radsport-Weltverband UCI und die Teamchefs von den ProTour-Radprofis die Unterschrift unter eine Selbstverpflichtung und Ehrenerklärung fordern, neben der obligaten Zweijahressperre mit einem Jahresverdienst für Dopingvergehen zu haften. Außerdem soll ein Abgleich ihrer DNA-Proben mit den Blutkonserven des mutmaßlichen spanischen Dopingarztes Eufemiano Fuentes sichergestellt werden. Allein das US-Team Discovery Channel schert aus. Nur dann sei ein Start bei der diesjährigen Tour de France möglich – rechtlich wohl ein problematisches Feld, aber eine Maßnahme mit dem Rücken an der Wand angesichts abwanderungswilliger Sponsoren und angesichts der TV-Anstalten, die ihre Übertragungen in Frage stellen.

Viele glauben, es gewusst zu haben. Die heroischen Leistungen wie in der Tour de France sind ohne chemische Hilfsmittel kaum möglich. Nur ein Viertel des hergestellten Medikaments Epo  wird von Kranken gebraucht, der Rest…?!  Im Epo wohnt bei den Helden und Idolen, den Protagonisten eines großen Helden-Epos, das Böse. Dies Böse gilt es zu entdecken, zu beschwören und langfristig zu bannen. Und unsere vermeintlichen deutschen Saubermänner vom Team Telekom stehen sowohl im Guten mit ihren Erfolgen als auch im Bösen in vorderster Reihe. Der ganze Spitzensport gerät in den Generalverdacht des flächendeckenden Dopings.

Das Buch des einstigen Telekom-Betreuers Jef d'Hont brachte die Lawine diesmal ins Rollen und durchbrach die Mauer des Schweigens. Von ihm detailliert beschrieben, bei Telekom wurde flächendeckend gedopt. Zuerst gestanden Bert Dietz und Christian Henn, dann  Udo Bölts, Rolf Aldag, die letzten drei inzwischen sportliche Leiter, und als verbliebener Aktiver Erik Zabel. Zuletzt gestand der Däne Bjarne Riis. Einige von ihnen hatten als integre Partner im Antidopingkampf eine Vorreiterrolle gespielt und galten als Aushängeschild für einen sauberen Sport. Wie sollte es auch mit rechten Dingen zugehen, wenn ein vorher eher mittelmäßiger Radprofi auf seine Prophezeiung hin, er werde die Tour gewinnen, 1996 urplötzlich die Tour de France gewann? Auf Doping hatte Riis seine Karriere aufgebaut und ist heute Leiter und Besitzer des erfolgreichen CSC- Rennstalls. Nur auf ein Geständnis von Jan Ulrich wird noch gewartet. Die Dopinggeständnisse seiner Mitstreiter betrachtet er anscheinend mit Vergnügen. Er schwingt sich vom hilflos agierenden Schummler zum eisernen Verschweiger auf, der um der bracheninternen Ganovenehre willen den Mund hält. Er hält sich raus und sagte, er habe niemand benachteiligt - wohl wahr, alle waren gedopt. Die Unterschiede und damit Vorteile und Benachteiligungen liegen wohl mehr in der Form und im Ausmaß.

Erik Zabel gestand unter Tränen, „er wolle seinen Sohn nicht anlügen“, daß er vor elf Jahren - acht Jahre verfolgt die Welt-Antidopingagentur rückwirkend Dopingvergehen - eine Woche lang mit Epo sich gedopt habe. Er habe die Nebenwirkungen nicht verkraftet, sein Ruhepuls, bei einem Ausdauersportler schon sehr niedrig, sei extrem abgesunken, die Körpertemperatur gestiegen, so daß er gefürchtet habe, morgens nicht mehr aufzuwachen. Er sei immer nur gut, wenn Körper und Kopf im Einklang ständen. Sein Schuldeingeständnis geht sogar soweit,  es sei egal, ob sich jemand über eine Woche oder jahrelang einen Vorteil zu schaffen versucht habe. „Er war einer der saubersten Fahrer seiner Generation“ schreibt D’Hont. Von Riis berichtet er, daß er sogar einen erhöhten Hämatokrit ( Der Hämatokrit bezeichnet den Anteil der zellulären Bestandteile am Volumen des Blutes und ist ein Maß für die Zähflüssigigkeit des Blutes)  bis 64 gehabt habe – ab Hämatokrit 50 werden die Sportler zu ihrem eigenen Schutz aus Rennen genommen -. Er hätte jederzeit tot umfallen können. Das ist vielleicht das Geheimnis seines einmaligen großen Erfolges, aber ein todesnaher Ritt auf der Rasierklinge.

Die neue Aufklärungswelle kam vor einem Jahr durch das Zuschlagen der spanischen Guardia Civil beim spanischen Frauenarzt Eufemiano (die Übertragung liegt nahe „der mit dem guten Ruf“) Fuentes und die Funde von rund 200 Blutbeuteln Eigenblut ins Rollen. Diese stammten nicht nur von Radsportlern, sondern auch aus anderen Sportarten und konnten meist an Hand der Codes zugeordnet werden. Auch mit Jan Ulrich und Basso wurden Blutbeutel zur Eigenbluttransfusion in Verbindung gebracht. Aber, solange nichts endgültig bewiesen ist, gilt „in dubio pro reo“. Deswegen stemmen sich beide mit allen anwaltschaftlichen Tricks gegen eine Aufklärung. Ulrich hörte unter der Wucht der Anschuldigungen entnervt mit dem Rennsport auf. Basso wurde bei dem Rennstall CSC entlassen, wohl um den Schein zu wahren, ging zu dem erfolgreichen amerikanischen Rennstall Discovery Channel. Später kündigte er großmundig an, er werde alles aufklären, gab dann aber nur zu, die Blutbeutel stammten von ihm, er habe mit ihnen aber nicht gedopt. Das konnte er auch nicht, denn er wurde zur Tour de France und für das versuchte Doping inzwischen mit der Höchststrafe von zwei Jahren gesperrt.

„Ohne Chemie läuft in dem Geschäft gar nichts“ sagte schon 1997 Jörg Paffrath dem Spiegel und erzählte detailliert von seinem jahrelangen Doping. 1996 stieg er als körperliches Wrack vom Rad und wurde ausgerechnet dann zum ersten Mal positiv getestet. Damals aber war Aufklärung bei Medien und Radsportlern noch nicht Thema. Er wurde als Nestbeschmutzer, da er keine Beweise vorlegen konnte und vermutlich auch nicht wollte, lebenslang gesperrt in einer Zeit, wo sich Dopingstrafen eher nach Monaten bemaßen. Mit dieser drastischen Strafe reagierte der Verband auf seine Dopinganschuldigungen. Jahre später wurde er begnadigt, weil er gesagt habe, es tue ihm leid, dass er dadurch auch saubere Sportler pauschal unter Dopingverdacht gestellt und dem Radsport dadurch einen Imageschaden zugefügt habe. Seine Pokale habe er alle auf den Sperrmüll geworfen - für die Wahrheit bestraft und für die Lüge belohnt. So berichtete die FR am 24.5.07.

Die Uni-Klinik Freiburg ist massiv in den Skandal verstrickt und zieht sich aus der Betreuung von 1500 Sportlern aus acht Sportarten zurück. Der Olympiaarzt Georg Huber gestand, er habe in den 80er Jahren Anabolika verschrieben, um Schlimmeres zu verhindern. Das Schlimmere wäre wohl gewesen, dass die Radprofis ohne ärztliche Hilfe unkontrolliert Dopingmittel genommen hätten – ein noch gefährlicheres Unterfangen. Seit 1982 fungierte er als Leitender Arzt des Bundes Deutscher Radfahrer (BRD). Er wurde 1995 als Sportarzt des Jahres geehrt, war in den letzten vier Jahren Mitglied der Nationalen Antidopingagentur (Nada) und galt als Vorkämpfer des Antidopingkampfes. Wenige Tage vor seinem öffentlichen Sündenfall hatte er noch jegliche Beteiligung strickt von sich gewiesen. Jetzt ist er suspendiert. Ähnlich erging es den betreuenden Ärzten Schmid und Heinrich vom Team Telekom. Inzwischen haben alle Verbände eine Zusammenarbeit mit der Uni Freiburg aufgekündigt. Das öffentliche Fernsehen ARD und ZDF überlegen schon, ob sie noch weiterhin Geld in den Radsport investieren sollten. Dann wäre laut Sylvia Schenk der Radsport geküßt – sie meinte wohl den Todeskuß, kein Wunder, daß die Mauer des Schweigens am Rande dieses tiefen Abgrundes so lange hielt. Der Radsport kann nur der Anfang einer Lawine sein, die im Dominoeffekt weitere Sportarten vor allem den Ausdauer- und Kraftsport erfassen kann. Wenn in anderen Sportarten nicht so flächendeckend gedopt würde, dann wäre die Vorteilsnahme einzelner und die Ungerechtigkeit um so größer. Die Spitzenleistung wäre eine Frage der Chemie und ärztlicher Betreuung oder eine Frage des u. U. tödlichen Risikos. Aber was tut der Mensch nicht alles für Geld, Ehre und Ruhm!

Sylvia Schenk ließ sich 2002 zur Präsidentin des BRD wählen, blauäugig an die Sauberkeit des Radsports glaubend, aber schon auf den Dopingsumpf vorgewarnt. Sie mußte feststellen, dass von Seiten der Verbände wenig Interesse an einer Aufklärung bestand. 2004 trat sie enttäuscht zurück. Jetzt in der Folge des Dopingskandals sieht sie eine neue Chance. Ihr Nachfolger Rudolf Scharping, der frühere Verteidigungsminister, verkündete vollmundig, wenn jetzt nicht aufgeklärt würde, wäre mit allen Konsequenzen zu rechnen. Wie diese aussehen, hat er nicht angeführt.

Die Dopinggeständnisse der Deutschen sorgen beim aktuellen Giro d’Italia für Unmut. Der Giro-Spitzenreiter Danilo di Luca beschimpft sie als Nestbeschmutzers. Er meint „ich verstehe nicht, wieso sie gestehen, das scheint in Mode zu kommen. Sie sollten besser still sei, anstatt über 11 Jahre zurück liegende Dinge zu reden.“ „Man kann auch sauber gewinnen“, sagt Oscar Sevilla nach seiner mutmaßlichen Verwicklung in die Fuentes-Affäre und Entlassung bei T-Mobile, der Nachfolgemannschaft von Telekom. Rosa ist die Trikotfarbe des Spitzenreiters, rosa die Farbe des Zeitungspapiers der größten Sportzeitung Italiens der „Gazetta dello Sport“ und rosa die Brille, durch die sie auf den Giro schaut, den sie selbst organisiert. Den Dopingberichten aus Deutschland widmet sie gerade mal eine knappe Seite und der 12. Giroetappe sechs, in denen in Superlativen geschwelgt wird.

Spitzensport stellt für alle Seiten ein Rauscherlebnis dar. Deswegen ist er so beliebt und füllt die Medienseiten. Beim Sportler sollen körpereigene Halluzinogene, die Endorphine, frei gesetzt werden. Der Erfolg, Ruhm und Ehre können ebenfalls einen Rausch hervorrufen, auf dem Weg von Identifizierungsvorgängen auch bei den Fans. Dann ist es nur allzu natürlich, den Rausch durch Drogen hervorzurufen und zu steigern. Der Rausch kann oft genug der Kompensation eines frustrierenden Alltags und als Blitzableiter für unterdrückte Aggressionen dienen. Besser bleibt der Rausch deshalb im Sport als in destruktiveren Bereichen wie bei Randalierern und Hooligans oder beispielsweise in Kriegen. Deswegen ist er auch gesellschaftlich erwünscht. Nur ist für manche die Grenze schwer zu finden. Von manchen Spitzensportlern ist bekannt, dass sie früher Junkeys waren. Möglicherweise suchen manche Spitzensportler wie Bjarne Riis auch das Grenzerlebnis, die Spanne zwischen Höllenqual und höchster Glückseligkeit, einer Art Droge, den Kick, den Thrill, die Angstlust bei ihrem Ritt auf der Rasierklinge, deswegen das Gesundheits- und Lebensrisiko, wie etwa der Psychologe Ulrich Aufmuth von Extrembergsteigern beschrieben hat. Und das Umfeld nimmt an dem Rausch teil.

Während die Deutschen gestehen und ihren tragischen Abgang vorbereiten, schwelgen die Italiener anscheinend scham- und gewissenlos in ihren Erfolgen und halten an ihren Idolen fest. Sind das die Unterschiede in der Mentalität? Sind die Deutschen so paragraphentreu, daß sie wie Erik Zabel einwöchiges geringes mit langjährigem hochdosierten Doping gleichsetzen? Oder haben die Italiener noch die Tragik ihres einstigen Helden und Toursiegers Marco Pantani vor Augen, der in Depressionen und Drogen versank und starb, und wehren dieses Trauma im Heldenepos ab, so wie sie es schon immer getan haben und wir Deutsche es gerne tun würden? Dann könnte uns Deutschen die Tragik der Idole, der Täter, der gefallenen Helden noch bevorstehen, nicht nur die Tragik der Dopingopfer wie früher in der DDR, wo flächendeckend gedopt wurde. Die Tragik der Betreuer und Ärzte, die ihre Ehre und Jobs verlieren, denen Existenzgrundlagen entzogen werden, ist schon eingetreten, wo alle nur das Beste konform der Doppelmoral des Systems– vorne hui und hinten pfui - wollten. Viele sagen, desillusioniert von der Sauberkeit des Sports und ihren Helden „sie sind selber schuld und erhalten ihre gerechte Strafe“, obwohl sie es schon lange wußten bzw. wissen konnten, aber nicht wissen wollten.

Zur Komplexität und Widersprüchlichkeit im Dopingspitzensport habe ich mich detaillierter im Herbst 06 in dem Artikel „Auf der Suche nach der Wahrheit?“ bereits geäußert ( im Archiv, bei Suchen Bernd Holstiege eingeben). Die Spitzensportler leben vom Sport, ernten Geld, Ehre und Ruhm, den Erwartungen und Ansprüchen von Medien, Betreuern, Verbänden, Industrie (Sportartikel, Pharma) und den Idolisierungswünschen der Fans zu entsprechen. Gleichzeitig sind diese Ansprüche, etwa die schier übermenschlichen Leistungen bei einer Tour d’ France, ohne Hilfsmittel in ihren Augen und den Augen vieler Experten kaum zu erfüllen. Die wenigsten glauben oder haben die Erfahrung, durch eine Harmonie von Körper und Geist wie Erik Zabel ihre Bestleistungen zu erbringen, oder sind in ihren athletischen Voraussetzungen im Sinne von athletische Übermenschen, wie von einem Jan Ulrich vielfach angenommen wird, je dazu in der Lage. Aber durch Doping kann dies Ziel erreicht werden. Siehe Bjarne Riis. Infolge der gemeinsamen Interessen besteht ein stillschweigender Konsens unter allen Beteiligten, das Doping-System einzurichten, aber nicht darüber zu reden oder es gar zuzugeben. Geständnisse sind also innerhalb dieses Subsystems Nestbeschmutzung. Dies System vertritt im Gegensatz zum offiziellen Rechtsstandart der Dopingfreiheit und Sauberkeit im Sport und im Falle des Verstoßes der Sanktionierung einen eigenen Rechtsstandart. Es wird nur das zugegeben, was verjährt oder stichfest nachgewiesen ist. Aber dieses Subsystem herrscht in vielen Bereichen der Gesellschaft.

Die Täter werden innerhalb dieses Systems nicht nur zu Tätern, sondern auch zu Opfern, die das Entlarvungsrisiko und ihre Gesundheit dem Erfolg vieler Seiten, nicht nur ihrem eigenen, zuliebe aufs Spiel setzen. Deswegen kann u. a. ein Bjarne Riis in aller Ruhe und schuldfrei seine früheren Vergehen gestehen. Irgendwo, in seinen Augen und denen vieler Profis, hat er das Recht auf seiner Seite. Infolgedessen plädieren viele für Gnade und eine Generalamnestie. Auch Rudolf Scharping meint, man könne Leute nicht lebenslang abstrafen, sie hätten eine zweite Chance verdient.

Außerdem hat jeder Mensch ein Selbstbestimmungsrecht, auch das auf seine Aussage, etwas anderes zu sagen, als das er selbst für die Wahrheit hält. In den Augen von Ethik und Moral ist der Verstoß gegen die Wahrheit, nämlich die Unwahrheit, Lügen und Betrügen. Der Betrüger ist disqualifiziert, stigmatisiert und verliert alle Vertrauenswürdigkeit. Da soviel existentielles davon abhängt, sind diese Lügen und dies Betrügen also Notauswege bzw. Notlügen. Im Spitzensport steht dem formellen also ein informelles Subrechtssystem der Doppelmoral und des Betrugs gegenüber, das viele Spitzensportler in ihren Augen als eine Art  anerkanntes Rechtssystem leben. Außerdem ist in einem System der rigiden Moral und Sauberkeit die Doppelmoral der einzige Ausweg und die einzige Form von Freiheit, die vielfach wie etwa im Rotlichtmilieu gelebt wird. Es ist halt mit ihr rechnen, am besten wäre, sie zu akzeptieren. Natürlich will ich nicht für die Doppelmoral und Scheinheiligkeit plädieren, aber das System beinhaltet sie.

Infolge dieses komplexen Geschehens machen sich die Verantwortlichen Gedanken, wie sie des Dopingsystems Herr werden könnten. Manche sind dafür, Doping ganz frei zu geben, es jedem selbst zu überlassen, und die Einnahme nicht mehr zu diskriminieren. Dann scheinen die Waffen für alle gleich, bzw. vermeintlich ist der Erfolg eine Frage der ärztlichen Betreuung und des jeweiligen Zugangs zu den neuesten Präparaten, die oft jedoch noch nicht ausreichend erprobt sind. Die Spitzenleistung ist dann immer von der Angst vor den Nebenwirkungen mitgeprägt, die äußerst kontraproduktiv ist und diese wiederum beeinträchtigt. Die Dopingkontrollen sind sowieso ein Wettlauf zwischen medizinischen Fortschritten der Pharmaindustrie, die gut daran verdient, und Nachweisefortschritten, wobei wie im Hase und Igelspiel die Industrie immer die Nase vorn hat. Epo hat längst seine Nachfolgerprodukte, die bisher nicht nachweisbar sind. Ähnlich nicht nachweisbar sind laut dem Kölner Dopinganalytiker Wilhelm Schänzer Eigenblut-Doping, Wachstumshormone – neuerdings sollen diese in einem noch nicht ausreichend erprobten Verfahren doch nachweisbar sein - und Insulin, so daß sicherlich munter weiter gedopt wird und die Helden wandelnde Apotheken darstellen. Aber das wird verdrängt, um weiter jubeln zu können.

Auch erheben sich Stimmen mit dem Ruf nach einer Generalamnestie, einen Schlussstrich zu ziehen und neu anzufangen. Diese Stimmen meinen, nur die Wahrheit könne heilen, helfen und den Sport retten. In einer Wahrheitskommission würde nach einem umfassenden Geständnis Straffreiheit  zugesichert und die Opfer entschädigt. Das Ziel der Wahrheitskommission ist immer eine Versöhnung. Rechtlich besteht die Straffreiheit ja schon für 8 Jahre nach einem Dopingvergehen, aber nicht in der Frage des Rufs und der Glaubwürdigkeit eines Menschen. Straffreiheit ist aber für Menschen, die in den Kategorien Vergehen und Strafe leben, unannehmbar. Spannend wird sein, welche Seiten sich im Wettlauf der Systeme dauerhaft durchsetzen werden. Ich vermute, die Systeme und Subsysteme entwickeln sich systemkonform weiter und werden gelegentlich zu Skandalen führen, die nicht nur gefürchtet, sondern auch erwünscht sind und die Auflagen mancher Medien erhöhen. Rennradfahrer werden, wie mir selbst widerfahren ist, schon heute auf der Straße mit der Frage nach dem Doping empfangen.

Erik Zabel wurde zu Beginn der Bayernrundfahrt mit Beifall empfangen. Offenbar nehmen ihm die Fans sein geringes Doping nicht übel, honorieren sogar sein Geständnis und schlechtes Gewissen. Die Italiener ließen sich von ihrer Begeisterung trotz Dopinganschuldigungen an die Adresse der Giroprotagonisten nicht abhalten. Die Medien in Spanien ignorieren die gefundenen Blutbeutel einiger Fußballstars.

Autor: Bernd Holstiege

unter Mitarbeit von Claudia Schulmerich

E-Mail: bernd.holstiege@weltexpress.info

Abfassungsdatum: 21.06. 2007

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Verwertung: Weltexpress

Quelle: www.weltexpress.info

Update: Berlin, 21.06. 2007