Weltexpress
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15. Februar 10, 17:36
Gott existiert – in den Köpfen der Gläubigen
Gott existiert nicht – zumindest entzieht er sich der
menschlichen Wahrnehmung
Frankfurt am Main (Weltexpress) - Gott gibt es nicht – predigt der
reformierte niederländische Pfarrer Klaus Hendrikse von der Kanzel herunter, und
seine Kirche toleriert das. Ja, er hat sogar ein Buch geschrieben „Glauben an
einen Gott, den es nicht gibt“. Wie ist ein solcher ketzerischer Standpunkt mit
den Fundamenten der christlichen Kirche vereinbar, wo doch alle monotheistischen
Religionen, alle guten Christen, Moslems und Juden vom Gottesglauben leben?
Früher, im finsteren Mittelalter, hätte ihn der Bannstrahl getroffen, er wäre
auf dem Scheiterhaufen gelandet. Auch heute wäre dieser Standpunkt in den
meisten Kirchen untragbar. Zumindest wäre er seines Amtes enthoben worden.
Auf
die Empörung vieler Gemeindemitglieder hin, diskutierte die regionale
Kirchenleitung den Fall und kam zu dem überraschenden Urteil. Er durfte Pfarrer
bleiben und wurde nicht aus der Kirche ausgeschlossen. Ebenso bizarr, wie für
viele gute Christen dieser Standpunkt ist, erscheinen die Begründungen. „Wir
müssen ertragen, dass ein Pfarrer sagt, Gott existiere nicht. Das ist Teil der
theologischen Debatte und greife die Fundamente der Kirche nicht an. Wir müssen
weg vom dem Gottesbild eines Mannes mit langem Rauschebart.“ Ja sogar der
Vergleich mit dem Nationalsozialismus wird heran gezogen, dieser habe die
Fundamente der Kirche angetastet, ein Pfarrer durfte kein Nazi sein. „Das war
und ist unvereinbar mit unserem Glauben.“. Eigens wird sogar eine Synode
einberufen, um diese Frage, ob es einen Gott gibt, zu debattieren.
Teile des bisherigen Textes stammen aus dem Artikel von Helmut Hetzel in der
Frankfurter Rundschau vom 9. Februar 2010 (auch FR-online) „Der gottlose Pfarrer
– Klaus Hendrikse predigt, dass es den Herrn nicht gibt – die Kirche toleriert
das“.
Sind auch die Kirchenoberen von allen guten Geistern und Göttern verlassen,
lassen sich vom Stachel des Atheismus infizieren? Der Vergleich mit den Nazis,
dem Beelzebub und dem Antichristen, mag zeigen, wie tief diese Erfahrungen als
Wunde noch immer in den Niederländern stecken, dass sie bei jeglichem Angriff
auf ihre religiösen Fundamente die Nazis heranziehen, so dass in dessen
Angesicht und in dessen Vergleich die Liberalität sogar weit geht, ihre eigenen
Fundamente zu verlieren. Atheismus erscheint nicht so schlimm wie früher die
Nazis.
Andererseits, über so viel Liberalität und Toleranz wären auch viele Christen
froh, wo doch viel kleinere Vergehen wie Abtreibung, Homosexualität und das
Durchbrechen des Zölibats die Gemüter erhitzen und mit Schuld und Sühne bestraft
werden, so, als ob sie die Fundamente der Kirche erschütterten. Der Glaube an
Gott erhebt einen allumfassenden, grundsätzlichen Anspruch, in dem wenig Raum
für Privates bleibt. Beispielsweise gehört der schwangere Bauch nicht mehr der
Frau, sondern den Gottesvertretern und Kirchenfürsten.
Machtanspruch
Früher wurde Gott und der wahre Glaube missionarisch mit Schwert und Feuer
verbreitet, von den Gotteskriegern - und unter seiner Flagge wurden Land, Macht,
Gold und Reichtum gewonnen. Manche sehen in dem missionarischen Eifer eher den
Machtanspruch. Auch heute noch vermittelt Gottesglauben und dessen Behauptung
weltliche Macht, vor allem aber Macht über das Seelenleben der Gläubigen. Die
Vertreter Gottes haben oft diese Macht. Andererseits wenden sich immer mehr
Gläubige von den Schattenseiten dieses Glaubens und dieser Macht ab. Sie wollen
Selbstbestimmung und ihre eigene Macht über ihre Seele, wo doch schon im
psychosozialen Miteinander genügend andere Menschen dort mitreden.
Der fundamentalistische oder orthodoxe Gottesglauben erhebt den Anspruch auf
eine alleinige, einzige, ewige und absolute Wahrheit, die in Gott verkörpert
wird. Durch diese Absolutheit wird Glauben zu Wissen und Realität, die keine
anderen Glaubensinhalte mehr zulässt.
Personifizierung
Der Mensch hat die Neigung, nicht mit den Sinnen greifbare Inhalte in Gestalten
und Personen darzustellen und widerzuspiegeln. Dadurch erhalten sie ein
menschliches Gesicht und sind besser fassbar. Für diese Neigung sprechen
Märchen, Mythen, Fabeln, nicht zuletzt die Religion.
Subjektive Wahrheit
Um den Unterschied zwischen der Gotteswahrnehmung und der Gotteswirklichkeit
nachvollziehen zu können, muss man sich einige Voraussetzungen klar machen.
Nämlich, die menschliche Wahrheit ist eine Frage der Wahrnehmung, und diese
hängt ab
1. vom Standpunkt des betrachteten Gegenstandes,
2. dem Standpunkt des Beobachtenden,
3. dadurch der Perspektive,
4. der Beleuchtung, also im Lichte der Erfahrungen, Bewertungen und Bedeutungen,
5. nicht zuletzt der Interessen und
6. vom jeweiligen Zeitpunkt .
Zu einem anderen Zeitpunkt haben sich durch Bewegung und Veränderung des
beobachteten Gegenstandes und des Beobachters die Standpunkte, dadurch die
Perspektive geändert, und die Wahrheit sieht schon anders aus. Ein beobachteter
Gegenstand, etwa ein Bild, aber auch ein Mensch und dessen
Charaktereigenschaften, sieht in verschiedenen Beleuchtungen und in
unterschiedlichen Perspektiven verschieden aus. Die Beleuchtungen sind sozusagen
die inneren Erfahrungen, mit denen der Mensch die Welt sieht. Auf die Interessen
der Gotteskrieger nach Macht und Reichtum und die Interesse der Herrschaft über
die Seelen habe ich hingewiesen.
Da der Mensch im Laufe seines Lebens einen ungeheuren Erfahrungsschatz erworben
hat, der in seinen Neuronen und dessen Netzwerk gespeichert ist, kann er in
seinem Innenleben nicht alles gleichzeitig, sondern von diesem Innenleben bzw.
seinen inneren Vorgängen immer nur kleine Ausschnitte wahrnehmen. Der größte
Teil, wesentlich weniger als die Spitze eines Eisberges, bleibt ganz einfach
unsichtbar und unbewusst. Das Unbewusste hat innerhalb dieses Unsichtbaren noch
eine besondere Funktion. Es entsteht nämlich durch Abwehmechanismen wie
Verdrängung und Verleugnung gegen unangenehme und bedrohliche Inhalte,
beeinflusst aber als unsichtbarer Anteil trotzdem die Wahrnehmung der Außenwelt.
Gleichzeitig ist es ein menschliches Gesetz und eine menschliche Eigenschaft,
dass der Mensch mit diesen Erfahrungen und Bildern die Außenwelt wahrnimmt. Die
Sichtweise der Außenwelt ist also für den Menschen immer von den inneren Bildern
mit beeinflusst. Er sieht folglich in winzigen Ausschnitten nur einen winzigen
Ausschnitt einer ungeheuer großen, globalen Welt.
Es gibt zwar real vorhandene Dinge, für jeden sichtbar, etwa ein Tisch, ein
Stuhl, ein Tier oder einen Menschen. Aber, dass dies ein Tisch ist und wie
dieser aussieht, ist Resultat der menschlichen Wahrnehmung, Übereinkunft und
Definition. Die wichtigste Übereinkunft zum zwischenmenschlichen Austausch ist
die Sprache in gemeinsamen Definitionen. Wenn nun das weitaus Meiste nicht zu
sehen, der sichtbaren Welt uns Menschen entzogen ist, dann kann es auch einen
Gott geben – kann, zumindest in einer gemeinsamen Definition, Übereinkunft und
Sprache.
Zukunft auf dem Boden der Vergangenheit
Hinzu kommt, diese Vorerfahrungen, die Welt im Lichte der Vergangenheit zu
sehen, prägen den Zukunftsentwurf. Diese einfache Tatsache ist dadurch leicht
nachvollziehbar, gute Erfahrungen schaffen Hoffnung, schlechte das Gegenteil.
Der Mensch stellt sich durch diesen Entwurf auf die Zukunft ein, setzt seine
Annahmen in Handlungen um und schafft oft das, was schon immer gewesen ist.
Dabei sehen viele Menschen nicht, dass die Zukunft durch andere Umstände,
Einflüsse und Unwägbarkeiten ganz anders sein kann. Diese neue Zukunft kann in
Überraschung, Verwunderung oder Erstaunen realisiert oder verleugnet („kann
nicht sein!“) werden.
Unendlichkeit
Da die wahrnehmbare Realität des Menschen ist, Innen- und Außenwelt nur
innerhalb kleiner Grenzen zu sehen, übersteigt vor allem im Mikro- und
Makrokosmos die Unendlichkeit sein menschliches Vorstellungsvermögen, etwa, dass
im Weltraum Galaxien Millionen Lichtjahre entfernt sind. Ist die Welt unendlich
oder etwa am Ende mit einem Bretterzaun vernagelt? Die Grenzenlosigkeit
übersteigt sein Fassungsvermögen. Zur Wahrung der Grenzen wurde früher die Welt
als eine Scheibe dargestellt, und die Erkenntnis, die Erde ist eine Kugel und
somit grenzenlos, schuf anfangs heftige Aggressionen. Dieser unfassbaren
Unendlichkeit muss er deswegen ein Gesicht geben.
Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass es für den Menschen keine absolute und
objektive Wahrheit geben kann. Sie ist immer in Relation. Es mag sie zwar geben,
aber kein Mensch kennt sie, und sie entzieht sich seiner Wahrnehmung und seinem
Wahrnehmungsvermögen. Die absolute Wahrheit, sein Gesicht und seine Gestalt,
genannt Gott, ist also Glaubenssache. Auch die Tatsache, dass es viele
Religionen gibt, die jeweils für sich im Besitz der einzigen, alleinigen, ewigen
Wahrheit sind, verursacht unauflösbare Widersprüche und führt diese Wahrheit ad
absurdum.
Ordnende Hand
Die Naturwissenschaften, speziell im Gesundheitswesen, üben deswegen eine so
starke Faszination aus, weil sie so sehr objektivierbar erscheinen und vieles
nach ihren Gesetzen auch gut funktioniert. Aber auch diese, so perfekt sie
gesetzmäßig miteinander verbunden sind, sind mit menschlichem Instrumentarium
und seinem Geist geschaffen worden. Aber der menschliche Geist ist leicht
verführbar, sodass hinter den Naturgesetzen wiederum ein Geist stecken muss,
eine ordnende Hand oder ein intelligentes Wesen, das diese Welt geschaffen hat,
der Gott. Dass sich diese Welt einfach von selber in Jahrmillionen entwickelt
hat, nach Darwin durch eine Auslese derjenigen Lebewesen, die im jeweiligen
Biotop überlebt haben, und das müssen nicht immer die Besten sein, ist für sie
unvorstellbar und bedrohlich.
In dieser Gottesvorstellung, für viele ein Gottesbeweis, spiegelt sich für den
bedrohten und traumatisierten Menschen die Haltung wieder, alles zu ordnen,
planen, regeln, normieren, auch dort, wo andere es nicht für nötig halten. Sie
tun es Gott gleich. Den Dingen einfach seinen Lauf zu lassen und lebenslang
auszuprobieren, so wie Darwin die Entwicklung der Welt sieht, ist für sie
ängstigend und unvorstellbar. Überall werden Bedrohungen hinein gesehen, die
sicher auch oft genug vorhanden sind. Andere sehen im Ordnungszwang einen
Verlust der Selbstbestimmung und Freiheit und halten das für ein Teufelswerk. So
nahe liegen Gott und der Teufel beieinander.
Gott als Schutz
Aber warum haften so viele Menschen an dieser absoluten, ewigen, einzigen
Wahrheit, die sie Gott nennen und mit Bildern versehen, etwa dem gütigen, mit
dem langen Rauschebart? Wie eben geschildert, entstehen durch Bewegung
Veränderungen. Wenn nun in einem Mensch in seiner Vorgeschichte oder in der
kulturellen Tradition bedrohliche Vorerfahrungen eingeprägt sind, dies sein
Schicksal ist, der Traumatisierung, braucht er Sicherheit und Schutz.
Verschiedenartigkeit der Wahrnehmung, Subjektivität und Individualität schaffen
in seinen Augen Chaos und Verwirrung, so dass niemand in einer absoluten Welt
weiß, wo er wirklich dran ist. Das schafft Angst wegen der Nichtgreifbarkeit und
Nichtlokalisierbarkeit
Bewegung und Veränderungen schaffen also einen unsicheren Zukunftsentwurf,
Unsicherheit und können Bedrohlichkeit hervorrufen und Angst machen. Also
besteht die Neigung, besser die Erfordernis, starr an einem Trost und Schutz
festhalten, je bedrohlicher, umso mehr, möglichst einem unveränderbaren, ewigen
Schutz. Dazu eignet sich der Gottesglauben im Sinne eines schützenden Wesens in
hervorragender Weise. In traumatisierte Menschen hat sich infolge der
Vorerfahrungen die Bedrohung tief eingefressen, verkörpert eine ängstigende
Realität, das Böse, in der Religion der Teufel, so dass immerwährend ein
allumfassender guter Gott als Schutz dagegen gesetzt werden muss. Gott
verkörpert einen grandiosen Schutz auf dem Hintergrund grandioser Bedrohungen
und Katastrophen und seine Stellvertretung grandiose Macht.
Gott als Trost
Aber nicht nur der Schutz, auch der Trost für die erlittenen Unbillen des Lebens
beinhalten ein Versprechen für ein späteres besseres Leben, wenn nicht auf
Erden, dann im weiteren Leben nach dem Tod im Jenseits, dem Himmel oder im
Paradies. Dazu eignet sich ein Gottesglauben hervorragend. Leider erscheint auf
Erden schon wieder der Teufel, wenn der Gläubige sich nicht an Gottes Gebote
hält, und dieser wird ebenfalls im Jenseits versprochen. Dieser Zukunftsentwurf
kann das irdische Leben wiederum zur Hölle machen.
Hinter der Angst vor dem Tod steckt meines Erachtens beim Traumatisierten ein
langjähriger Tod als Lebenserfahrung. Ich meine damit, dass er infolge der
hauptsächlich frühkindlichen Erfahrungen ein erfüllendes Leben nicht leben kann,
also gewissermaßen trotz lebendem Körper in seiner Lebensentfaltung behindert
und schon halb tot, von Krankheiten und manchmal vorzeitigem Tod begleitet ist.
Oft ist das, was von außen und in der Zukunft gefürchtet wird, schon lange in
der Person und langjährige Erfahrung. Die Hoffnung ist, dass Gott Leben spendet.
Gott als Projektionsfläche
Außerdem eignet sich ein Gottesbild hervorragend als Projektionsfläche für den
Menschen. Alles Menschliche kann dort untergebracht werden. Im monotheistischen
Gottesglauben spiegeln sich durch den Alleinvertretungs- und Machtanspruch
elementare menschliche Eigenschaften wie Eifersucht und Rivalität wieder. „Du
darfst keine fremden Götter neben mir haben!“ Dieser Totalitarismus kann sich
schon in der frühen Kindheit abspielen, wenn ein Kind niemanden außer der Mutter
lieben darf. Dahinter steht nach eigenen frühkindlichen Erfahrungen und
Verinnerlichungen meist die Verlustangst der Mutter, ihr Kind total zu
verlieren. Andererseits ist ihre Angst berechtigt, weil das Kind einer so total
vereinnahmenden Mutter entfliehen möchte, ähnlich wie sich viele Gläubige dem
Machtanspruch der Kirche entziehen. Die Projektionsfläche Gott hat aber auch
eine Entlastungsfunktion. Wenn der vergöttlichte Gott auch nicht besser ist als
wir Menschen, sind wir von Schuld und Sünde befreit.
Der Gottesentwurf oder- glauben speist sich also für die Gläubigen aus mehreren
Quellen, aus der Begrenzung des Menschen, der Unendlichkeit und Vielfalt,
demzufolge der Verwirrung, der ordnenden Hand, der Grandiosität, dem grandiosen
Schutz vor den Bedrohungen des Lebens, der Lebensspendung, als Projektionsfläche
des Menschlichen, dem Trost und dem Schutz vor dem Tod. Je größer die
Bedrohungen sind, desto starrer und fundamentalistischer muß der Glauben sein.
Deswegen wenden sich so viele Traumatisierte rigiden Sekten zu. In seinem
Windschatten segeln Machtstreben und Herrschaft, je mehr zu verlieren ist, desto
mächtiger. Und in allem steckt der Teufel, der Gegenpol und –spieler als die
andere Seite von Gott. Dieser Gottesglauben speist sich aus den unsichtbaren,
vor allem unbewussten, also traumatisierenden und ängstigenden
Lebenserfahrungen. Deswegen bleibt Gott unsichtbar, und es muss oft so starr an
ihm festgehalten werden.
Gehirn
Nehmen wir das menschliche Gehirn. Es ist jedoch nicht allein als materielle
Substanz im Kopf, sondern seine Ausläufer befinden sich auch im Gesamtkörper,
sein Geist findet sich über den Sozialraum und die Mitmenschlichkeit in den
Mitmenschen, findet sich in Kindern und Enkelskindern wieder und überlebt
Generationen, bis er langsam verschwindet, aber noch lange seine Spuren
hinterlässt. Wegen dieses Geistes ist es Eltern so wichtig, dass ihre Kinder in
ihrem Geiste geraten. Dafür erfolgt oft aller Einsatz. Der Körper mag schon
lange tot sein, aber der Geist überlebt. Hat ein Mensch große handwerkliche und
geistige Fähigkeiten, mögen seine Werke Jahrtausende überstehen, wie etwa
Tempel, Pyramiden, Literatur, Musik oder Gemälde. Und wenn unter glücklichen
Umständen diese Monumente erhalten bleiben, oder sich jemand findet, der die
Hieroglyphen übersetzen kann, zeugen diese noch nach Jahrtausenden von seinen
Gedanken und Taten. Hält man sich das menschliche Gehirn vor Augen, überlebt der
Mensch.
Der Mensch handelt nach meiner Überzeugung aus vielen bewussten, aber meist
unbewussten Gründen und Determinanten als Kompromisslösung immer nach bestem
Wissen, auch wenn dies Wissen noch so schlecht erscheint. Er regelt sich selber
und seine Umwelt. In diesem Geist macht er keine Fehler, ist fehlerlos wie Gott,
sein eigener Gott. Der Mensch ist das höchstentwickelte Lebewesen auf Erden.
Das, was ein Fehler ist, ist Ansichtssache, und dieser Ansicht braucht er in
seiner Selbstbestimmung ja nicht zu sein. Wenn ihm andere nun Fehler, Schwächen
oder Schlechtes unterstellen und vorhalten, dann sind diese es, ist dies ein
Ausdruck von ihnen und deren Fehler, worin sie wiederum fehlerlos sind, denn sie
wissen es nicht besser.
Am Apollotempel in Delphi findet sich eine Inschrift „Gnothi s’auton“, „Erkenne
Dich selbst“, gemeint ist als Mensch und nicht als Gott. Diese Mahnung galt im
alten Griechenland den vielen Göttern auf Erden. Ich weiß nicht, ob es einen
Gott gibt. Er ist in meinen Sinnen nicht fassbar. Aber vielleicht habe ich
einmal eine sinnliche Erleuchtung, wie es schon manchem passiert ist. Andere
würden von einer Fata Morgana sprechen. Oder, wenn es mir mal ganz schlecht
gehen sollte, suche ich Trost und Schutz im Gottesglauben. In der Vielfalt der
Ansichten sind die Kirchenoberen in Holland gut beraten, in einer Synode über
die Existenz Gottes zu debattieren.
Von Bernd Holstiege