Korsika
– noch immer Kurven über Kurven, aber auch Geschichtliches
Serie: Impressionen von einer Motorradtour durch
Nordkorsika (Teil 2/2)
Frankfurt am Main (Weltexpress) - Im ersten Teil hatten wir von der Fahrt von
der Ardeche und den ersten beiden Tagen der Motorradrundfahrt in Korsika
berichtet. Von Porto aus wollen wir unbedingt weiter gen Süden zu den "Calanche
de Piana " - einem Naturwunder von besonderer Schönheit – zu seinen roten Felsen
und Schluchten oberhalb des tiefblauen Meeres des Golfes von Porto. Wir sind in
der Gesellschaft von mehreren Reisebussen, deren Insassen streckenweise zu Fuß
an der Straße diese bizarre Landschaft bewundern. Von dort fahren wir über ein
enges, serpentinenartiges Sträßchen, der Route de Ficajola, ans Meer, wo sich
zwei von uns ins nicht mehr sehr warme Wasser schmeißen müssen, die anderen nur
diese romantische Bucht genießen. Zurück über Porto fahren wir ostwärts über die
Spelunka-Schlucht zu unserem Tagesziel Evisa, einem Wanderzentrum am GR 20. Im
Hotel Aitone wird uns spektakulär aufgetischt: mit korsischem Tomatensalat,
Lammhackbällchen mit getrockneten Aprikosen, Fiadone, korsischem Käsekuchen und
dem korsischen Wein.
Der nächste Tag führt uns weiter ostwärts über den höchsten Pass Korsikas, dem
Col de Vergio, durch eine je nach Höhenlage wechselnde Vegetation und
Landschaft. Wir müssen jedoch beim Fahren höllisch aufpassen, denn jederzeit
können Kühe, Schweine oder Ziegen uns vor die Motorräder laufen. Der ostwärts
des Passes gelegene riesige Talkessel ist von den höchsten Bergen Korsikas
umsäumt wie dem Monte Cinto (2706 m). Die Straße führt an einem kleinen
Skigebiet mit Lift vorbei hinab zum Calacuccia-Stausee am Rande des Dörfchens
Calacuccia und weiter durch eine in den Fels gesprengte hoch romantische Straße,
die Scala di St. Regina, nach einer Abbiegung gen Süden nach Corte, dem
geographischen Zentrum und der einzigen Universitätsstadt Korsikas, deren Häuser
aus dunklem Schiefer rote Ziegeldächer tragen. Dort treffen wir am Mittag im
Zentrum am Denkmal des Freiheitshelden Korsikas „Pascal Paoli“ die Stadtführerin
Anna Moretti, eine charmante, deutsch sprechende junge Frau. Dieser Platz ist
von Cafes umsäumt recht romantisch, aber voll geparkt, so daß wir unsere
Motorräder auf Jochens Anraten einfach um das Denkmal herumgruppieren. Mehrfach
sehen wir eine romantische Bimmelbahn auf Rädern vollbepackt mit Touristen zur
Stadtbesichtigung anhalten und weiter fahren.
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Ringsum wirken die hübschen Häuser mit alter Bausubstanz renovierungsbedürftig.
Frau Moretti klärt uns über die Hintergründe der Baufälligkeit auf. Diese lägen
im korsischen Erbrecht, da im Vererbungsfalle alle gleichermaßen beteiligt
seien, an den Häusern oft viele Erben beteiligt seien und diese kein Geld hätten
oder sich nicht zwecks einer Renovierung einigen könnten. Schade, als Folge
zerfällt eine wunderschöne, lebendige Stadt. Sie führt uns durch die steilen,
kieselgepflasterten Gassen, an hübschen Cafes vorbei nach oben auf einen Felsen
als Aussichtspunkt. Vorn dort haben wir einen Panoramablick auf die Zitadelle,
die Stadt, den umgebenden Kranz der Berge und die Täler. Wiederum ist intensives
Photographieren angesagt. Corte liegt auf einem Hochplateau in 600 m Höhe, das
als Graben mitten durch die Insel das alte westkorsische Granitmassiv von der
Schieferzone im Osten trennt. In der Umgebung finden sich mehrere typische
korsische Landschaftsformen, zerklüftete Porphyrfelsen (wichtig für die Säulen
der Antike und der Renaissance), Schluchten und Steilhänge, dichte
Edelkastanienwälder und stille Bergseen im Massiv des Monte Rotondo.
Von 1755 bis 1769, der Zeitdauer seines Exils, hatte der korsische Freiheitsheld
Pascal Paoli Corte Korsika zur Hauptstadt gewählt. Aus Korte stammte auch der
Heilige Theophil, der den Franziskanerorden reformierte und mehrere Klöster
gründete. In der Zitadelle ist ein Museum untergebracht, zu dem wir Zutritt
haben, und in dem ich, da ich die anderen verloren hatte, zuerst unwissend, dann
verbotenerweise Photos mache von einigen mir interessanten Objekten, die in der
Fotoschau zu sehen sind.
Im Süden der Stadt sehen wir die Universität liegen. Frau Moretti erzählt uns,
dort gebe es 4000 Studenten in einer Stadt von 6000 Einwohnern. Die Universität
biete alle Fächer an, sie habe vor allem viele chinesische Studenten, auch aus
anderen Ländern wie dem Senegal, so daß in den Restaurants fremdländisch, oft
chinesisch gesprochen würde. Zur Geschichte erzählt sie, die Universität sei
1755 von Paoli gegründet worden, aber schon 1769 von den Franzosen geschlossen
worden, um den Korsen ihre eigene Kultur zu entziehen, und erst 1982 wieder
eröffnet worden. Allein dieser Umstand lässt erahnen, warum Freiheitsbewegungen
in Korsika immer eine Rolle spielten. Aber Korsika ist heute ohne Frankreich
nicht überlebensfähig, wirtschaftlich total abhängig, hat keine eigene
Industrie, so daß immer viele Korsen zur Arbeit auswandern, aber oft im
Rentenalter zurückkehren, so daß nur ein Viertel aller Korsen auf Korsika lebt
und die Bevölkerung überaltert ist. An der Ardèche hatten wir schon gehört
gehabt, daß sich viele Franzosen wegen des günstigen Klimas und der romantischen
Landschaft als Altersruhesitz in der Bretagne niederlassen. Wir selbst kennen
das auch aus der Normandie und aus den Pyrenäengegenden und vor allem
Montpellier und Umgebung.
Nach dieser längeren erlebnisreichen Mittagpause sausen wir auf schnelleren
Straßen in Richtung Bastia, unserem Ausgangspunkt. Bastia ist eine
Genuesengründung aus dem 14. Jahrhundert, und da die Genuesen lange an der Macht
blieben, wurden im Zeitgeschmack Kirchen und Klöster gebaut, die Bastia den
Namen einer „barocken Stadt“ einbringen. Der italienische Einfluß ist noch heute
in Korsika überall sichtbar. Heute wird Bastia als wirtschaftliches Zentrum mit
reichlichem kulturellem Erbe betrachtet. Sehenswert sind die malerischen
schiefergepflasterten Gassen um den Alten Hafen, der Rathausplatz, die
Zitadelle, vor allem, wenn alle abends beleuchtet sind. Funde in den Bergen
lassen schließen, daß die Gegend schon 1500 v. Chr. besiedelt war. Im späten 12.
Jahrhundert waren die Balagne, das Cap Corse und die Gegend um Bastia die
bedeutendsten Weinbaugebiete der Insel. Erst im 14. Jahrhundert bauten die
Genuesen auf der Suche nach einem sicheren, leicht zu verteidigenden Naturhafen
eine Bastei, die der Stadt den Namen gab. Unter den Genuesen war Bastia die
Hauptstadt Korsikas. Als reiche Stadt und Handelszentrum wurde es 1730 von
Bergbauern geplündert, wodurch sich die Treue der Stadt zu Genua erklärte.
Zum Abendessen erwartet uns wiederum ein korsisches Mahl – lecker - mit
eingelegtem Schafskäse und Lammgratin, Auberginengemüse und Fruchtsalat erwartet
und zur Übernachtung fahren wir über Bastia wiederum in die Berge über kleine
reizvolle Sträßchen zu einen romantischen Ort namens San Martino di Rota in das
Hotel La Corniche, von wo wir einen wundervollen Blick auf andere Bergdörfer und
auf’s Meer haben.
Am nächsten morgen verladen wir unsere Motorräder in den Vito und schiffen uns
nach Nizza ein. Diesmal herrscht bei der Überfahrt ein heftiger Wind und
Wellengang, so daß wegen der nassen Gischt ein Aufenthalt auf Deck kaum möglich
ist. Jochen und ich, ebenso Moritz und Brigitte und Michael, fahren über Italien
und die Schweiz nach Hause. Spät abends suchen wir uns einen Gasthof in Engen
nahe Singen und stellen am nächsten Morgen erstaunt fest, in welch reizvollem
Städtchen wir am Fuße des Schwarzwaldes in der Nähe des Bodensees gelandet sind.
Deutschland hat auch seine Reize. Jan hat noch eine weitere Photoreise an der
Cote d’Azur vor.
Unser Fazit ist, Korsika macht für Motorradfahrer Spaß. Mehr als Spaß. Ein Hit
bleiben die Kurven über Kurven. Aber nicht nur Motorradfahrer, Radfahrer und
Wanderer kommen ebenso auf ihre Kosten. Gerade bei Wanderern hat Korsika eine
Tradition. Nur beim Bergebesteigen ist das Erlebnis aufgrund der vielen
Aufstiege mit viel Schweiß verbunden und Kondition erforderlich. Es gibt auch
eine Menge an Sehenswürdigkeiten, viel Geschichte, beeindruckende Landschaften
mit immer neuen Ausblicken, die französische und korsische Küche und den Wein zu
genießen, so daß es nie langweilig wird. Leider sind gut drei Tage reichlich
kurz, nur eine Impression.
Endurofuntours:
www.endurofuntours.com
info@endurofuntours.com
Winterfluchten:
Weihnachtstour 22.12.-26.12.08
Silvestertour 29.12.-02.01.09
Preis: 591 €
Tourismusbüro "Agence Du Tourisme De La Corse" www.visit-corsica.com info@visit-corsica.com
Anna Moretti (Tel : +33(0) 6 18 09 18 03).
Corsica Ferries:
www.corsicaferries.com
ekloth@corsicaferries.com
Das reizvolle Hotel der letzten Übernachtung oberhalb des Dorfes
www.hotel-lacorniche.com
Autor: Bernd Holstiege
E-Mail: bernd.holstiege@weltexpress.info
Abfassungsdatum: 01.12. 2008
Foto: © Weltexpress / Bernd Holstiege
Verwertung: Weltexpress
Quelle: www.weltexpress.info
Update: Berlin, 01.12. 2008