Weltexpress
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10. Dezember 09 , 18:04
Mein erster durchgestandener Quadrathlon in Arendsee - Serie:
Bis an die Grenzen gehen: Die härtesten Wettkämpfe Deutschlands hautnah
miterlebt (Teil 2/3)
Frankfurt am Main (Weltexpress) - Wie im Bericht über die Ironman-Distanz in Bad
Ems bereits angekündigt, fuhren Peter Appelt und ich am Donnerstagmittag nach
Sachsen-Anhalt. Der Arendsee liegt im früheren Zonengrenz- und Sperrgebiet in
der Altmark, nicht weit vom Landkreis Lüchow-Dannenberg (Atommülllager)
entfernt.
Der
Autor als zweiter Sieger.
Vor 11 Jahren hatte ich schon mal einen Quadrathlon, eine längere Distanz in
Wiesbaden im Schiersteiner Hafen, ausprobiert, war aber nach 7,5 km Paddeln aus
dem Rennen genommen worden. Damals musste ich während des Wettkampfes zweimal
aussteigen, das Boot, die Stemmbretter und Seile einstellen, konnte aber 5 km
gut paddeln. Den Rest hatte ich dann noch außer Konkurrenz absolviert. Im
nächsten Jahr war ich mit Martin wieder da, aber die Schrauben der Zugseile
waren so eingerostet, dass das Boot für mich nicht benutzbar war, ich mich erst
gar nicht anmeldete und die übrige Strecke ohne Paddeln trainingshalber
durchmachte. Vor dem Paddeln im Kajak hatte ich einen Heidenrespekt, da ich
einige Jahre zuvor bei einem Paddelversuch in der Weser mit dem Boot meines
Bruders nach kurzem Ausprobieren einfach umgekippt war, alle Kleidung nass und
das Paddeln zu Ende war.
Peter hatte nach der Absage von Suhl und nach Durchschau des DTU-Kalenders
diesen Triathlonveranstalter für Quadrathlon und die deutschen Meisterschaften
kurzfristig gewonnen. Die Arendseer nahmen uns willkommen auf und integrierten
uns in ihre Triathlonveranstaltung. Auf der Anmeldeliste waren 17 Starter
angekündigt, einer in meiner Altersklasse 65. Auch Peter war auf der
Starterliste, obwohl er meiner Vorstellung nach wegen eines Handbruches gar
nicht in der Lage sein sollte.
Wir fuhren von Gießen aus mit zwei Kajaks auf dem Dach. Hinter uns fuhr im
eigenen Wagen die Quadratlonweltmeisterin 2008, Helen, eine Britin, die
anschließend noch nach Tschechien zu den Weltmeisterschaften fahren wollte. Sein
altes schwereres, auch seegängiges Boot, das Martin Schytil schon am letzten
Wochenende in Bad Ems benutzt hatte, waren für mich, einen Paddelanfänger, und
sein neues leichtes und schnittiges Karbonboot für ihn vorgesehen.
Erstaunlicherweise merkte ich 4 Tage nach Bad Ems in meinen Muskeln nichts mehr.
So schnell habe ich bisher einen Ironman noch nie verkraftet, vielleicht, weil
ich vorher nicht allzu viel und locker trainiert und den Wettkampf überwiegend
locker gestaltet hatte. Wir übernachteten in einer renovierten und zum Hotel
umgebauten Kaserne im Nachbarort. Das Besitzerehepaar, sie Physikerin, er
Betriebswirt aus Regensburg, hatten die Kaserne vor 7 Jahren erworben und
bewirteten uns neben anderen Angestellten, die alle sehr nett und umgänglich
waren.
Am Vortag probierten wir die Boote aus und stellten sie ein. Anfangs fand ich
mein Boot bei Wind und Wellengang etwas kippelig. Dann kam ich aber ganz gut
zurecht. Peter lag mit seinem Rennboot nach wenigen Metern im Wasser. Seine
Platte am Handgelenk war erst vor 3 Wochen entfernt und die Daumensehne geflickt
worden. Sein Operateur hätte entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen
geschlagen. Sein Boot war ihm zu recht für den Daumen und seine Sehne zu
gefährlich. Wir besprachen anschließend, hintereinander das Boot zu benutzen und
einfach die Zeit dran zu hängen. Ich probierte sein Boot dann doch mal aus und
zu seinem und meinem Erstaunen paddelte ich einfach damit herum, ohne gleich
umzukippen. Bei einem 2. Versuch lag ich am Ende dann doch im Wasser und war
angesichts meines eigenen Mutes verunsichert. Diese Verunsicherung wirkte sich
negativ aus. Trotzdem wollte ich das Karbonboot benutzen.
Der Nachmittag gestaltete sich mit Besprechungen zwischen Peter und den
Veranstaltern. Pit, Kersten und Bernd, und ich war immer dabei, für mich etwas
langweilig. Ich hätte mir lieber die Umgebung angeschaut oder in einem Cafe'
gesessen. Am späten Nachmittag machten wir noch auf dem Ausflugsschiff, von dem
aus am nächsten Morgen der Wasserstart erfolgen sollte, der Queen Arendsee,
einem romantischen Pseudoschaufeldampfer, eine Seerundtour. Der See hat einen
Durchmesser von 3 bis 4 km. Wir wurden über die Geschichte wie die versunkene
Mühle aufgeklärt und konnten u. a. einen Blick vom See aus auf eine schöne alte
Backsteinklosteranlage werfen.
Am nächsten Tag war der Start wegen eines Anmeldechaos verzögert. Inzwischen
waren wir doch 24 Quadrathleten geworden. Wir fuhren mit Bussen vom Marktplatz
aus zum Schiff und wurden 750 m vom Ufer entfernt gemeinsam mit den Jedermännern
und Sprintdistanzlern ins Wasser gelassen. In knapp 20 Minuten kam ich aus dem
Wasser, Peter hinter mir, er hatte ja auch wochenlang nicht trainiert. Auch auf
dem Rad, 20 km, war ich noch vor ihm. Von einigen Männern wurde ich überholt,
einige langsamere Teilnehmerinnen überholte ich.
Aber dann kam das Paddeln, 4,5 km, 3 Runden. Wie gesagt, verunsichert kippte ich
nach 200 m um, obwohl das Wasser ruhiger war als am Vortag. Es dauerte etwas,
bis die Wasserwacht ankam und mich und das Boot aus dem Wasser hob. Peter
paddelte vorbei und schrie uns zu, wir sollten das Boot nach hinten auskippen.
Ich stieg wieder ein und paddelte erfrischt wieder los. Andere paddelten, schon
in der 2. oder 3. Runde, munter an mir vorbei. Ich merkte, wenn ich kräftig
durchzog, wurde das Boot instabil. Teilweise war ich mehr mit der Stabilisierung
des Bootes als mit zügigem Paddeln beschäftigt. Teils fühlte ich mich wohl und
kam gut vorwärts. Dann machte das Paddeln richtig Spaß. Aber in der 3. Runde
ließ die Konzentration nach, ich kippte noch zweimal um und musste mich erneut
ins Boot setzen. Jedesmal paddelte ich erfrischt weiter und kam nach einer guten
Stunde Paddeln im Ziel an. Ohne diese Erfrischungen wäre ich ganz schön erhitzt
und kaputt gewesen.
Auf der Laufstrecke mit Wendepunkt am Ufer entlang und gottseidank im Schatten
kamen mir nur noch die einzige Frau in meiner AK und Peter entgegen. Ich konnte
richtig gut rennen und brauchte für die wohl nur 4,5 km etwa 23 min. Natürlich
wurde ich letzter und gleichzeitig deutscher Quadrathlon-Vizemeister. Der andere
konnte halt als ehemaliger Wasserballer schneller schwimmen und vor allem
paddeln.
Die Siegerehrung gestaltete Peter sehr umfangreich. Fast jeder wurde neben
T-Shirt mit Medaille und Blumen geehrt. Die arme Helen war nur 4. Frau geworden
- sie meinte "schlecht gepaddelt, aber hervorragend gelaufen" - und wäre fast
leer ausgegangen, wenn sie nicht zusätzlich als am weitesten Angereiste bedacht
worden wäre. Am nächsten Tag fuhren wir nach einem reichhaltigen Frühstück
wieder nach Hause. In Köln soll Anfang September wieder ein Quadrathlon statt
finden eingebettet in Triathlonveranstaltungen wie der 226, bei dem ich letztes
Jahr ausgestiegen war, an dem Martin, vielleicht auch ich starten wollen.
Von Bernd Holstiege
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