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14. March 11 , 15:23
Über die Sexualstörungen des Mannes -
Sexualität als zentraler Bestandteil der männlichen Identität
Frankfurt am Main (Weltexpress) - Ein depressiver, übergewichtiger und
zuckerkranker über 50 jähriger Mann berichtete, mit den Frauen habe er immer
Probleme gehabt. Sobald er eine längere Beziehung habe führen wollen, oder die
Frau es von ihm verlangte, habe er keinen mehr hoch gekriegt oder der Orgasmus
sei viel zu schnell gekommen, so dass er und die Frau unbefriedigt blieben.
Manchmal sei es zwar zu einem Orgasmus kommen, aber dieser sei sehr flach und
unbefriedigend gewesen. Richtig befriedigt habe er nur bei One-Night-Stands oder
Prostituierten sein können.
Giovanni
Bellini, 1430-1516, Venedig, Italien
Deswegen suche er heute meist im Internet nach Frauen. Dabei sehne er sich so
sehr nach einer längeren festen Beziehung. Seine Mutter habe immer verlangt,
dass er für sie da sei, ihr handwerklich und im Garten helfe. Habe er sich
aufgelehnt, hagelte es Vorwürfe, er sei undankbar, rücksichtslos und egoistisch,
und er habe ein so schlechtes Gewissen gehabt. Der Vater habe auch noch gesagt,
er solle der Mutter helfen. Jetzt sei sie zwar gestorben, aber richtig frei und
glücklich fühle er sich immer noch nicht, obwohl ihm anfangs ein Stein vom
Herzen gefallen sei. Aber das könne er niemandem sagen, das würde niemand
verstehen. Schon als Kind sei er von anderen Jungen als Muttersöhnchen gehänselt
worden. Das hätte ihn tief getroffen.
Seine Depression sehe ich als Folge einer enttäuschenden und für ihn wenig
anerkannten Vergangenheit und eines noch weniger hoffnungsvollen
Zukunftsentwurfes.
Sexuelle männliche Störungen
Für den Mann ist seine Sexualität eines der wichtigsten Dinge in seinem Leben,
deren Bedeutung weit über die Sexualität hinausgeht und die Gesamtpersönlichkeit
und Identität betrifft. Wenn nun seine Sexualität von Störungen betroffen ist,
dann bedeutet das oft eine erhebliche Herabsetzung in seinem narzisstischen
Selbstbild. Die wichtigsten Sexualstörungen, abgesehen von den sogenannten
Perversionen, sind die erektile Impotenz, wenn das Glied nicht steif wird, die
Ejakulatio praecox, der vorzeitige Samenerguss, und die Zeugungsunfähigkeit. Bis
auf die körperlichen bzw. somatischen Erkrankungen wie die Zuckerkrankheit oder
der hohe Blutdruck spielen psychische und psychosoziale Störungen, meist im
Hintergrund, wobei sich seelische und körperliche Störungen vermischen können,
eine ausschlaggebende Rolle. Aber auch bei körperlichen Störungen können
seelische Faktoren eine auslösende Rolle spielen zum Beispiel beim hohen
Blutdruck, wobei der Erkrankte sich ständig unter Druck setzt bzw. unter
Hochdruck gerät. Umgekehrt wirken sich körperliche Erkrankungen auf die Psyche
aus. Allein schon die Diagnose einer körperlichen Erkrankung kann sich auf die
Psyche auswirken, so dass der Mann aus psychischen Gründen impotent wird.
Das fehlende sexuelle Verlangen kann vom Mann sowohl als Problem als auch als
unproblematisch und normal erlebt werden. Wenn der Mann dies nicht als Problem
erlebt, so kann es die Frau als Problem wahrnehmen, ihn unter Druck setzen, und
dann hat er ein Problem, das ihn impotent machen kann.
Über Hintergründe und Zusammenhänge wollen wir uns in diesem Artikel
beschäftigen. In einem komplexen Geschehen, in dem körperliche, psychische und
soziale Faktoren eine Rolle spielen, können diese nur auszugsweise dargestellt
werden
Prägende Kindheitsfaktoren
Wie allgemein bekannt ist, und ich in mehreren Artikeln wie über die inzestuöse
Mutter-Sohn- Verstrickung beschrieben habe, wird der Mensch, also auch der Mann,
in der Kindheit geprägt und erzogen. Hier sollen nur einige bedeutsame Faktoren
erwähnt werden. In diesem Artikel hatte ich die Peniswaschungen erwähnt, die der
Reinlichkeit des Penis dienen und die vor allem bei einer prüden Mutter zum
unauflöslichen Problem werden können. Wenn beim Jungen durch die Stimulation
beim Waschen der Penis steif wird, mag eine prüde Mutter erschrecken,
gleichzeitig fasziniert sein und ihrem Sohn eins drauf geben. Das Glied des
Jungen wird stimuliert und gleichzeitig tabuisiert. Dadurch lernt der Junge,
dass der stimulierte Penis etwas Schmutziges, Peinliches und Unangenehmes ist.
Dieser Umstand wird sich sicherlich in der Sexualität bis ins Erwachsenenalter
auswirken. Der Soziologe Gerhard Amendt schrieb über die Vorliebe der Mutter für
den Penis ihres Sohnes. Handfeste sexuelle Übergriffe im sexuellen Missbrauch
gibt es sicherlich auch. Der sexuelle Missbrauch von Vätern an den Töchtern ist
immer mehr publik geworden, der der Mütter an den Söhnen oder auch der Väter an
den Söhnen ist mehr tabuisiert. Alexander Marcus Homes hat ein Buch über den
sexuellen Missbrauch durch die Mütter geschrieben.
In der Literatur findet sich gelegentlich, dass unter Ammen und Kindermädchen
verbreitet war, wenn der Säugling unruhig ist und schreit, diesen zur Ruhe
bringen, indem sie sein Glied reiben oder in den Mund nehmen. Der Mensch hat
sich wenig geändert, das, was früher geschah, wird sicherlich auch noch heute
geschehen, ist nur mehr tabuisiert. Wahrscheinlich ist es so, dass in einer
zunehmend normierten Gesellschaft anormales Verhalten umso mehr tabuisiert ist.
Ob diese Überstimulierung zu Störungen führt, dazu gibt es folglich keine
Literatur. Aber gerade tabuisierte und unbewusste Inhalte spielen eine besonders
große Rolle, da sie von Scham und Schuld begleitet sind, unausgesprochen bleiben
und sich mit ihnen nicht oder weniger auseinandergesetzt werden kann.
Manche Mütter und Eltern hätten anstatt eines Jungens lieber ein Mädchen und
machen ihren Jungen zu einem Mädchen, indem sie ihm zum Beispiel Mädchenkleider
anziehen, und er von anderen Kindern ausgelacht wird. Dadurch gerät der Junge
nicht nur in der Kindheit mit seiner Männerrolle in Konflikt. In vielen Kulturen
ist die Beschneidung des Jungen üblich. Sie soll der Reinlichkeit und der
Krebsvorsorge dienen. In wie weit dieser Eingriff für viele Männer ein
gravierendes Problem darstellt, zeigt, dass in den USA eine der häufigsten
kosmetischen Wiederherstellungsoperationen ist, die Vorhaut wiederherzustellen.
Vereinnahmung
Wie das typische anfängliche Fallbeispiel zeigt, spielt die Vereinnahmung durch
die Mutter oft eine wichtige Rolle. Diese benötigt ihren Sohn oder ihre Tochter
zu ihrer Selbststabilisierung, um sich etwa nicht allein, verlassen oder nutzlos
zu fühlen, vor allem bei allein erziehenden Müttern oft als Partnerersatz, und
behindert dadurch seine Loslösung und Selbstbestimmung. Dieser Mann konnte sich
nicht in eine längere, befriedigende Beziehung einlassen, da er die
Mutterbeziehung auf spätere Frauen übertrug, keine Familie mit Kindern gründen,
überhaupt in der Sexualität sich nur beschränkt als Mann fühlen. Schon als Junge
war er in seiner Männlichkeit vor allem im Spiegel der anderen Jungen schwer
getroffen. Dies wirkte sich auf seine Sexualität aus. Das Essen war für ihn ein
narzisstischer Ersatz, dadurch das Übergewicht. Möglicherweise wirkte sich in
der Körper-Seele-Einheit sein Unbefriedigtsein auch auf die Bauchspeicheldrüse
und den Blutzucker aus. In einer festen Beziehung wäre er trotz aller Sehnsucht
zu stark unter Hochdruck geraten, so dass er sie mied.
Die Persönlichkeit des Vaters als männliches Vorbild spielt ebenfalls eine
wichtige Rolle. Dieser Mann hatte seinen Vater als schwach, von der Mutter
vereinnahmt, wahrgenommen, und sein Einfluss, wie er bei der Mutter brav zu
sein, behinderten die Selbstständigkeit des Sohnes. Gewissermaßen sollte es der
Sohn auch nicht besser haben als der Vater. Wenn Vater und Mutter
zusammenarbeiten und -halten, hat das Kind zur Eigenständigkeit umso weniger
Chancen.
Die wichtige Rolle bei der Mutter hebt zwar den Selbstwert des Sohnes und stärkt
anfangs sein Selbstwertgefühl, lässt ihn aber umso mehr als Muttersöhnchen
erscheinen und diese Verführung behindert seine Loslösung und Selbstbestimmung.
Ein ähnlicher Sachverhalt ist im Mythos in der Heiligen Familie dargestellt, die
Mutter jungfräulich, der Sohn der Gott und der schwache, asexuelle Vater steht
duldend im Hintergrund und fördert dieses Zusammenspiel. In anderen Mythen ist
die Gefährlichkeit der Verführung durch die Frau dargestellt, etwa in der
Loreley-Sage oder im griechischen Mythos bei den Sirenen, vor denen sich der
trickreiche Odysseus an den Mast binden ließ, um den Anblick zu genießen, aber
nicht unterzugehen.
Ängste und Druck
Aber auch Ängste der Mutter und der Eltern übertragen sich auf das Kind. Es wird
ebenfalls ängstlich und gerät unter Druck. Um zur sexuellen Erregung zu kommen
und diese zu genießen, ist Druck höchst kontraproduktiv. Übermäßige Angst und
Druck wirken sich ebenfalls auf die Gliedsteife aus, bei der Ejakulatio praecox
als meist unbewusster Wunsch, die angstvolle und belastende Sache möglichst
schnell zu beenden. Bei der gefürchteten Vereinnahmung durch die Mutter und Frau
spielt wahrscheinlich auch eine Rolle, sich dieser im Geschlechtsakt möglichst
schnell zu entziehen. Diese Männer entziehen sich meist auch sonst in anderen
Lebensbereichen. Zusätzlich auf die Heranbildung und Reifung des Samens wirkt
sich der Druck aus. Dies zeigt die Tatsache, dass Paare, die Kinder adoptiert
haben und vom Druck befreit sind, ein Kind zu zeugen, oft im Nachhinein ein
eigenes Kind bekommen.
Negatives Männerbild
Unterliegt die Mutter einem negativen Männerbild aufgrund eigener Erfahrungen
oder von den eigenen Eltern traditionell übermittelten Bildern, etwa " Männer
wollen nur das Eine!, sind Schläger, Säufer oder Vergewaltiger", überträgt sich
dies ebenfalls auf den Sohn. Er sieht sich als Mann negativ mit den Augen der
Mutter, und „so einer will er nicht sein!“ Oft wirkt die Mutter in diesem Bild
negativ auf ihrem Mann ein oder sucht sich sogar einen Partner, der diesem Bild
entspricht, woraufhin der Vater negativ reagiert und das Bild von Mutter und
Sohn sich bestätigt. Darüber hinaus identifiziert sich der Sohn mit dem
negativen Vaterbild. Mit diesem negativen Bild der Frau gegenüberzutreten,
behindert ihn in der Ausübung seiner Männlichkeit. Dies kann sich oft genug auf
die Sexualität auswirken. Wenn dieser böse Vater, da er selbst schlecht
behandelt wird, auch noch den Sohn unterdrückt, entsteht im Sohn ein schwaches,
unmännliches Selbstbild. Kommt ihm nun seine Partnerin ebenfalls mit einem
negativen Männerbild entgegen, etwa, „er wolle sich mit seinem steifen Glied nur
produzieren “, wird er zusätzlich gebremst oder bremst sich selber. Natürlich
spielt das Selbstbild des Vaters auch eine Rolle. Hält der Vater von sich selbst
wenig, überträgt sich dies auf den Sohn. Es kann aber auch sein, wenn der Sohn
dem Vater sich überlegen fühlt, fasst er dies als Frevel auf und unterwirft
sich, da sich jeder Sohn als Vorbild eine starken Vater wünscht, an den er sich
anlehnen und von dem er profitieren kann.
Fantasiehemmung
Zur Sexualität gehören die Fantasie und die Bildervorstellung. Dann kann eine
von anderen Männern als höchst unattraktiv wahrgenommene Frau je nach inneren
Kriterien in der Vorstellung höchst anregend sein, oder die schönste Frau macht
den Mann überhaupt nicht an. Durch den Erziehungs- und Prägungsprozess kann auch
die Fantasiewelt gehemmt werden, einmal in der Form, dass der Mann überhaupt
keine erregenden Fantasien zulassen kann und dann entsteht auch kein sexuelles
Verlangen. Erfordert trotzdem die Situation, das Männlichkeitsbild, das
Verlangen der Frau oder die Notwendigkeit der Zeugung den sexuellen Akt,
erreicht er keine Gliedsteife. Diese Fantasiehemmung wird vom Mann oft nicht als
solche wahrgenommen, da es nicht anders kennt.
Sie kann auch eine Folge der frühkindlichen Peniswaschungen sein, wo Erregung
verboten war. Die Fantasiehemmung kann sich auch so auswirken, dass sie ihm bei
normalen Frauen fehlt und er nur von besonders attraktiven Frauenbildern
angeregt wird. Dann kann er sich etwa bei Pornofilmen erregen und onanieren,
aber seine Partnerin erscheint ihm viel zu unattraktiv. Dieser Zusammenhang kann
sich vor allem bei älteren Männern und Frauen abspielen. Jugend und
Attraktivität sind für den alternden Mann unter diesen Bedingungen notwendig.
Auch eine strenge religiöse Erziehung kann die Fantasie verbieten. Manchmal ist
sogar eher die Handlung als die Fantasie erlaubt. Es darf eher etwas getan, als
darüber gesprochen werden. In strengen religiösen Gemeinschaften kann die
Sexualität nur zur Kindererzeugung erlaubt sein. So las ich in einem Buch über
den Pietismus, dass eine Frau erzählte, Sexualität finde nur zu Kindererzeugung
und dann nur im dunklen Zimmer unter der Bettdecke unter ständigem Gebet zu Gott
statt, dass sie nicht die sündige Lust befalle. Eine solche Einstellung nimmt
natürlich sämtliche Lust, selbstverständlich auch bei der Frau. Die
Fantasiehemmung kann auch in dieser Weise erfolgen, dass sich der Mann während
des Sexualaktes nicht erlaubt, sich eine andere und schönere Frau vorzustellen.
Das kann nämlich sehr anregend sein. Sogar in der Fantasie muss der Mann seiner
Frau treu sein, so wie er es früher bei der Mutter sein musste. Wenn seine
Partnerin davon erfahren würde, wäre sie auch meist schwer gekränkt. Für manche
Männer sind noch nicht mal kleine Geheimnisse erlaubt.
Partnerzerstrittenheit
Sind beide Partner offen zerstritten, kann sich das auf die Sexualität
auswirken. Schwieriger ist es bei einer latenten Zerstrittenheit, wenn einer
oder beide um des lieben Friedens willen ihren Streit unterdrücken, also eine
Pseudoharmonie besteht. Dieser unterdrückte Streit wirkt sich ebenfalls auf die
Beziehung und die Sexualität aus, besonders wenn keine Wahrnehmung für die
Pseudoharmonie besteht. Eine Zerstrittenheit kann sich leicht dadurch ergeben,
dass zu Beginn einer Beziehung die Partner jeweils ihre Wunschvorstellungen in
den/die Andere(n) hineinsehen und diese in ihm lieben. Im Nachhinein stellt sich
der Partner jedoch als anders heraus, und wenn dies nicht akzeptiert wird, der
jeweilige Partner von seinen Erwartungen nicht loslassen kann, also eine Liebe
auf den zweiten Blick entsteht, ergibt sich oft eine Enttäuschung und
Zerstrittenheit. Das Nichtloslassenkönnen ergibt sich auch dadurch, dass der
Sohn, natürlich auch die Tochter, von seinen Eltern verinnerlicht und gelernt
hat, dass Liebe und Akzeptanz nur unter bestimmten Bedingungen erfolgt. Eine
Person als ganzes zu lieben und zu akzeptieren, auch wenn einem einiges nicht
passt, ist in diesem Weltbild nicht drin.
Das kann zwar das Ende der Beziehung sein, aber wenn man sich aus Verlustangst
und wegen eines negativen Selbstbildes nicht trennen kann, wird eine
disharmonische oder pseudo-harmonische Beziehung weitergeführt. Bei der
Pseudoharmonie können die Aggressionen oft nicht komplett unterdrückt werden,
sondern treten bei allen möglichen Anlässen in spitzen Bemerkungen zu Tage, und
das Paar ist umso mehr zerstritten. Die Unfähigkeit sich zu trennen bei offener
oder latenter Zerstrittenheit und Unzufriedenheit wirkt sich meist insofern auf
die Kinder aus, dass diese zur Parteinahme gezwungen werden, meist auf der Seite
der Mutter als die Person mit dem größeren Einfluss, da sie von der Stunde Null
an überwiegend anwesend ist, oder als Prellbock zwischen den Eltern stehen.
Diese Verhältnisse werden auf spätere Beziehungen übertragen.
Übertragung der Sohn-Mutter-Beziehung
Die frühkindliche Beziehung wurde oben schon erwähnt. Diese kann verschiedene
Schicksale erleben. Wurde der Sohn von der Mutter als Partnerersatz genommen,
überträgt er dies auf seine spätere Partnerin. Er erlebt in sich den kleinen
Jungen und in seiner Frau die große Mutter, gegen die er nicht ankommt und deren
Vereinnahmung er fürchten muss. Dies spielt sich meist auf einer völlig
unbewussten Ebene ab. Auch kommt das Inzesttabu hinzu. Dieses Inzesttabu kann
sich als Körperfeindlichkeit und Sexualfeindlichkeit ausdrücken. Beides kann zu
einer Hemmung der Fantasie führen. Noch schwieriger wird es, wenn die Mutter in
ihrem Sohn das sucht, was sie bei ihren eigenen Eltern vermisst hat, etwa eine
Beruhigung, Tröstung, ein grandioses Männerbild als toller Held und
Erfolgsmensch, vor allem wenn sie sich selbst minderwertig sieht, und ihre
eigenen Lebensziele in ihm sucht. Dann gerät der Sohn in die Elternposition,
eine Rollenumkehr oder eine Paternalisierung. Er muss seine Partnerin beruhigen,
trösten, den Held spielen und mag dabei völlig überfordert sein. Wenn er sich
nicht eine dazu passende Partnerin ausgesucht hat, etwa eine Frau, die gar nicht
beruhigt werden will oder einen Helden sucht, laufen seine Bemühungen sogar ins
Leere.
Partnerwahl
Die Partnerwahl kann nach verschiedenen Kriterien erfolgen. Oft erfolgt sie nach
einem latenten Vorbild der Mutter, vom Äußeren oder von den Verhaltensweisen
her. War die Mutter versorgend, hausfraulich, sogar überbehütend, sucht er eine
Frau nach diesen Maßstäben. In der Überbehütung muss er die Vereinnahmung
fürchten und sich dagegen wehren. Das kann zur Zerstrittenheit führen. Geht er
nach dem Äußeren, wird dieses Versprechen oft nicht eingehalten, und er ist
enttäuscht.
Ein Mann, der sich selbst als unmännlich und unattraktiv wahrnimmt, sucht sich
eine zu ihm passende Partnerin, die er dann selber unattraktiv erlebt und keine
erotischen Fantasien entwickeln kann. Sucht er sich zur Kompensation seines
Selbstbildes eine tolle Frau, erlebt er sich selber als minderwertig. Diese
Faktoren wirken sich negativ auf die sexuelle Beziehung aus.
Protest, Verweigerung und Sabotage
Wie oben schon bei der Ejakulatio praecox erwähnt, kann die Sexualstörung auch
meist unbewusst ein Protest, eine Verweigerung und eine Sabotage darstellen. Es
kann gegen das männliche Rollenklischee protestiert werden, das nicht als
eigenes Ziel angesehen wird, sondern von außen oktroyiert wurde und eine
Vereinnahmung bedeutet. Gerade das nicht zu tun, was erwartet wird, ist dann das
unbewusste Ziel. Durch dieses Ziel gerät er wiederum in einen Konflikt mit
seinen männlichen Zielen und Wünschen, einem unauflöslichen Konflikt, der ihn
sicherlich nicht potenter macht, und er sieht sich in den eigenen und fremden
Augen umso mehr entwertet.
Hinzu kommt, dass bei Entwertungen und Demütigungen umso mehr ein Gegenbild von
Größe und Stärke aufgebaut wird, dem er umso weniger genügen kann. Die
Verherrlichung der männlichen Potenz ist allgegenwärtig. Oft sind dies auch von
außen verinnerlichte Bilder wie im Auftrag der Mutter, denen er sich unbewusst
verweigert. Oft wünscht sich auch eine in ihrem Selbstbild entwertete Partnerin
in einer symbiotische Beziehung, wo der Eine den Anderen ersetzt, zu ihrer
eigenen Kompensation einen strahlenden Helden, wodurch er völlig überfordert ist
und sich zum Selbsterhalt verweigert. Die Sexualstörung kann also zusätzlich dem
Selbsterhalt und der Rettung dienen, wie überhaupt Störungen unter positiven und
nicht nur unter negativen Aspekten zu sehen sind.
Unter dem Aspekt der Verweigerung und Größe könnte man auch das Zölibat in der
katholischen Kirche sehen. Das hehre Ziel ist, dass der Priester nach dem
Vorbild von Jesus sich ohne Einflüsse von Frau und Familie der Hingabe zu Gott
und der Gemeinde widmet. Hinsichtlich der Macht der Einflüsse ist meist der Gott
in den Familien die Mutter, der der Mann sich verweigert, um die Vereinnahmung
zu verhindern. Der Vater hat oft mehr die Familie nach außen zu vertreten und zu
ernähren, vor allem in der klassischen Rollenverteilung. Diese Statistenrolle
kann sich wie beim Heiligen Josef auf seine Sexualität auswirken. Dass diese
Rolle für den Mann völlig inadäquat und unmenschlich ist, zeigt sich in der
Doppelmoral, dem einzigen Ausweg aus diesem hehren Auftrag. Teilweise wendet der
Priester sein Sexualziel, sich den Frauen verweigernd, Kindern zu, die
ungefährlichere Objekte darstellen.
Ausblick
Man sieht, die herrliche und vergötterte Sexualität kann sehr vertrackt und aus
mannigfaltigen Gründen gestört sein. Hier können nur einige Faktoren erwähnt
werden, die aber einen Einblick in dieses komplexe Geschehen vermitteln sollen.
Der Leser möge mit seinen eigenen Gedanken, Einfällen und Erfahrungen spazieren
gehen, um nicht dem Vorwurf des Plagiats zu verfallen. Sich diese oder andere
Hintergründe und Zusammenhänge zu vergegenwärtigen, dabei sich selbst in der
eigenen männlichen Begrenztheit zu akzeptieren, vor allem sich Zeit zu nehmen
und auf die eigene Befindlichkeit und nicht ausschließlich auf die Frau zu
achten, können eine störungsfreiere Sexualität vermitteln.
***
Literatur:
Karl Haag (2006): "Wenn Mütter zu sehr lieben - Verstrickung und Missbrauch in
der Mutter- Sohn-Beziehung", Kohlhammer
Gerhard Amendt (1994), "Wie Mütter ihre Söhne sehen", Fischerverlag
Alexander Marcus Homes: „Von der Mutter missbraucht - Frauen und die sexuelle
Lust am Kind", Books on Demand
Von Bernd Holstiege